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Zauber der Erinnerung von Monica Maria Mieck

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Monica Maria Mieck:

Zauber der Erinnerung

 


Monica Maria Mieck

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Kurzgeschichten
und lyrische Texte
von Monica Maria Mieck


Die Texte dürfen von Verlagen nur nach Genehmigung durch den Rechteinhaber veröffentlicht werden

urheberrechtlich geschützte Texte

Kontakt: maritimbuch (at) googlemail.com

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ISBN 978-3-8476-9935-4   ebook -    ISBN  978-1517564209    Printbuch bei amazon

Zauber der Erinnerung - Heitere und besinnliche Kurzgeschichten: Band 38 in der gelben Buchreihe bei Juergen Ruszkowski...

          Zauber der Erinnerung – Heitere und besinnliche Kurzgeschichten und Lyrik – auch zum Vorlesen

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Kindheitserinnerungen

Paradies der Kindheit

Mit zunehmenden Jahren sehne ich mich

immer öfter in den Garten meiner Kindheit,

in die Naturlaube aus rot blühenden,

später langen grünen Bohnen,

die an den Stangen emporklettern,

sie weben ein schützendes Dach

aus grünem Blattwerk und Ranken.

 Diese Laube, aus Glück geflochten,

schenkt Geborgenheit und Leichtigkeit.

Das farbenfrohe Bild meiner Kindheit

zaubert mir ein Lächeln in meinen Alltag.

Manchmal träume ich auch

vom Paradies meiner Kindheit,

hüpfe unbeschwert auf sandigen Wegen,

esse vom Strauch weiße süße Johannisbeeren,

schenke der Mutter ein orangenes Ringelblümchen.

An meine fröhliche Mutter

Ich denke jetzt mit zunehmenden Jahren so oft

in großer Dankbarkeit an dich.

Du hast mich vom beginnenden Frühling,

wenn im Wald

die ersten gelben Schlüsselblumen blühten,

bis in den späten bunten Herbst hinein

fast jeden Nachmittag in deinen großen

wunderschönen Garten mitgenommen.

Du warst eine liebevolle fröhliche Gärtnerin.

Ich habe dich niemals stöhnen gehört,

auch wenn im Sommer die Sonne heiß

vom blauen wolkenlosen Himmel schien,

hast du mit Freuden den großen Korb

mit roten Erdbeeren randvoll gefüllt

und bis nach Hause geschleppt.

 Liebe Mutter, ich sehe dich noch heute,

wie du mit dem abgerundeten Holzstil der Harke,

in die vorbereiteten Beete

Rillen in die fein geharkte Erde gezogen

und dann mit dem Samentütchen in der Hand

Radieschen, Möhren, Kapuzinerkresse,

Ringelblumen und Goldlack

in gebückter Haltung ausgesät

und mit deiner fleißigen Hand

mit Erde zugedeckt hast.

 Die schönste Laube

mit den rot blühenden Stangenbohnen

war aus Glück geflochten, sie schenkte mir,

wenn ich auf der Holzbank

in der Naturlaube saß,

Geborgenheit und Glückseligkeit.

Und wenn ich leicht wie ein bunter Schmetterling

auf den Wegen

durch den fruchtigen Paradiesgarten hüpfte,

von den roten und weißen

süßen Johannisbeeren

und zarten Schoten naschte,

war ich im Himmel auf Erden.

 In sehr dankbarer Erinnerung

an meine längst verstorbene

fröhliche Mutter und begeisterte Gärtnerin.

Kapuzinerkresse

Zaunlos der Garten

meiner Kindheit.

Die vorderen Beete

lieblich umschlungen

von rotgelber Kapuzinerkresse.

Das kleine fröhliche Mädchen

ist achtsam hinübergesprungen.

Kapuzinerkresse wird immer

Kindheit, Sommer und Glück

in sich für mich vereinen.

Waldtänzerin

Als Kind war ich eine begeisterte Naturtänzerin.

Ich tanzte zwischen grünen Buchen und Eichen,

gelben Schlüsselblumen

und den kleinen blauen Veilchen.

Es war so beglückend,

sich zu drehen und zu wiegen

nach den Liedern der lieblichen Vogelstimmen

und dem Wind.

 Lass dem versteckten Kind in dir seinen Freiraum,

lass dich fallen in die alte Glückseligkeit.

Und du wirst staunen, was in dir sich lösen wird.

Verwöhne dich und andere

mit deinen Gaben.

Sei wieder mal das lustige verspielte Kind!

Erinnerungen an Großmutter

Freundlich war sie und aufrecht ihr Gang,

das Gesicht von lieblichen Falten durchzogen

und von graublauen Augen erhellt.

Das lange Haar glatt gescheitelt,

zu einem Nackenknoten adrett gesteckt,

die schlanke Figur von dunklen Kleidern verhüllt,

mit  weißen Tupfen fröhlich verziert.

Sie war die Sonne meiner Kindheit.

Großmutter hatte immer Zeit,

für alle Kümmernisse der Enkelin,

und wahrlich eine Engelsgeduld

bei meinen ersten Strickversuchen.

Ihre schöne zerknitterte Hand,

war wie ein warmes Nest für mich

auf unseren gemeinsamen Spaziergängen,

bei jedem Wetter, durch Felder und Wälder.

Lachende Augen, lachender Mund,

hüpfendes Herz meine Omi war jung,

wenn sie mit mir im Winter stundenlang eifrig „Mensch ärgere dich nicht“ spielte.

Zur Sommerzeit schloss sie auf allen Wegen

mir Augen und das Herze auf

für bunte Blumen und goldne Ähren.

Mein Omilein, was gäb’ ich drum,

könnt ich einmal noch auf deinem Schoße sitzen,

so wie damals, als Mutter mir zürnte.

Manchmal überfällt mich Sehnsucht nach ihr,

dann fahre ich kilometerweit,

zu der Stätte, da sie begraben ist,

und lege mit dankbarem Herzen,

Blumen, so wie einst in der Kindheit,

in ihre gefalteten Hände.

 

Jetzt kann der Winter kommen

Wenn es draußen ungemütlich wird und die ersten Nachtfröste im Wetterbericht angekündigt werden, dann werden immer noch alte Kindheitserinnerungen in mir wach.  Damals, vor über 70 Jahren, hatten in Hinterpommern die Wohnungen für die kalte Jahreszeit alle Doppelfenster, die im Sommer in der Bodenkammer aufbewahrt wurden.  Wenn aber die ersten kalten Herbststürme um die Häuser Blasmusik machten, und die letzten Blätter von den Bäumen fegten, dann schleppte mein Vater die schützenden Doppelfenster die vielen Treppenstufen vom Dachboden bis in unsere Wohnung.  Doch bevor der Vater den „Kälteschutz“ einsetzte, putzte meine Mutter die Glasscheiben erst blitzblank.  Im Wohnzimmer stand ein großer brauner Kachelofen, der eine behagliche Wärme verbreitete.  Das Heizmaterial für diesen Wärmespender wurde rechtzeitig beim Kohlenhändler bestellt.  Ich kann mich noch heute an die Männer erinnern, wie sie von der schweren Last gebeugt, ihre dunklen Kapuzen über ihre Köpfe gezogen hatten, und die gefüllten Säcke mit Kohlen, Holz und Briketts in unseren Keller trugen.  Es war dann unseres Vaters Amt, die anthrazitfarbenen glänzenden Briketts fein säuberlich an einer Kellerwand aufzustapeln.  Auf einem Hackklotz spaltete der Familienvater die dicken Holzscheite zu feinem Anmachholz, immer etwas auf Vorrat, damit die Mutter von dieser Arbeit befreit war.

Meine fleißige und fürsorgliche Mutter hatte in einem anderen Kellerraum einen nicht zu übersehenden Vorrat an verschiedenem Gemüse und vor allem auch Obstsorten, die sie im eigenen großen Garten selber geerntet hatte.  Die zahlreichen Weckgläser, die die reiche Ernte beherbergten, standen fein säuberlich aufgereiht in den Holzregalen, die der Vater eigens dafür gebaut hatte.  In einer großen Kiste lagerten etliche Zentner Kartoffeln.  Diese wertvolle Nahrung musste mengenmäßig bis zur Ernte der Frühkartoffeln im eigenen Garten reichen.  In den Gemüseläden und Lebensmittelgeschäften wurden damals im Winter keine Kartoffeln in kleinen Mengen angeboten.

Unvergesslich

Es war im Jahre 1946.  Meine kleine Schwester, die im Februar 1945 noch in unserer Heimat in Hinterpommern das Licht der Welt erblickt hatte, war ernstlich erkrankt.  Wir lebten damals nach der Flucht vor den Russen in bitterster Armut auf dem Lande in Schleswig-Holstein.  In zwei Räumen, in denen das Wasser an den Wänden herunter lief, stand auch ein dreibeiniger Ständer, der eine Waschschüssel trug.  Zwei oder drei dünne Handtücher trockneten die mageren sieben Körper der stets hungrigen Flüchtlinge ab.

 

Unsere Eltern waren in großer Sorge um die Gesundheit ihrer Jüngsten. Ein Telefon hatten wir natürlich nicht.  Irgendwie konnten wir aber unseren  Hilferuf einem Arzt überbringen.  Es dauerte bei den Entfernungen auf dem Lande, die zu Fuß überwunden werden mussten länger, aber dann traf der Herbeigesehnte ein, untersuchte die kleine kranke Patientin, verordnete ein Medikament, wusch sich die Hände, beruhigte die angstvollen Eltern und wollte sich verabschieden.  Wir waren damals, so viel ich weiß, nicht krankenversichert.  Meinen Eltern war diese Situation unübersehbar ins Gesicht geschrieben.  Der junge Arzt sagte dann wörtlich: „Wenn sie etwas haben, so geben sie es mir, wenn sie nichts haben, so ist es auch gut.“  Die sichtlich Erleichterten und großherzig Beschenkten hatten weder damals sehr begehrte Nahrungsmittel, noch Geld zu geben.  Die Eltern legten all ihre Dankbarkeit  in ihren warmen Händedruck.  Die ganze Familie war sehr berührt von diesem Samariter, der auf seinem jungen Gesicht eine Zufriedenheit trug, die er mit auf seinen weiten Fußweg nahm.

Alte Schulbank

Die antiquierte

restaurierte Schulbank,

diese zauberhafte Überraschung

weckt spontan tief verwurzelte altjunge

fröhliche Erinnerungen

aus der Kindheit in mir wach,

lässt die geliebte Schulzeit

erneut in mir lebendig werden.

Streichelnd berühren meine Hände

das massive braune Möbelstück,

das von so viel Gefühl und Anstrengung:

wie Lernen, Fleiß, Ehrgeiz,

Schwatzen, Lachen, Weinen,

Freude und Bangen

bunte fesselnde Geschichten erzählt.

Im leeren runden Ausschnitt sehe

ich mit innerem Auge

das gefüllte Tintenglas,

doch flüssiges Blau hat Spuren hinterlassen,

kleine und große Kleckse zaubern jetzt

ein wehmütiges Lächeln in mein Gesicht.

Die lange schmale Vertiefung

bewahrte einst Griffel, Bleistift,

Radiergummi und Federhalter

vor dem Herunterfallen.

Unter der Schreibfläche

verschwand der Tornister,

in höheren Klassen die Schultasche.

Neben Lehrbüchern, Heften und Zeichenblock

steckte das von Muttern fürsorglich

mitgegebene Leberwurstbrot.

Jahrelang teilte ich die alte Schulbank

mit einer rotzöpfigen Klassenkameradin,

die mich mit Heiterkeit beschenkte.

Das Lachen, Schwatzen und Helfen

hat uns verbunden und gestärkt.

Das Pausenzeichen spielte Freiheitsmusik,

alle Bänke wurden blitzschnell verlassen,

durften ausruhen und waren doch gespannt

auf die nächsten Stundenerlebnisse

der lernenden Jungen und Mädchen.

Langeweile hatten Schulbänke

nur in den Ferien!

 

Das graue Lastauto

Nach dem verlorenen Krieg gab es auch 1946 und in den folgenden Jahren noch Lebensmittelkarten.  Die Rationen waren so karg bemessen, dass besonders die heranwachsen Kinder unter dem immer wieder aufkommenden Hungergefühl sehr gelitten haben.  Und Hunger tut weh!  Diese schmerzliche Erfahrung musste auch ich machen, das viel zu schmale Schulmädchen, das aus dem deutschen Osten geflüchtet war und inzwischen im Ruhrgebiet lebte.

Aber es gab in Schweden und Amerika Menschen, denen wir Deutschen in unserer Not nicht gleichgültig waren.  Schweden war ja während des Krieges neutral und unabhängig geblieben, aber die Amerikaner waren im zweiten Weltkrieg immerhin unsere Feinde gewesen.  Wenn Feinde zu Lebensrettern werden, indem sie Nächstenliebe praktizieren, das ist für mich zumindest sehr erwähnenswert.  Die bekannte Quäkersuppe ist meinen Hamburger Vettern noch in sehr guter Erinnerung geblieben.  Das war eine stärkende Haferflockensuppe, die in der Schule an die Kinder ausgeteilt wurde.  Schon 1918 nach dem verlorenen 1. Weltkrieg hat die Quäker-Stiftung überkonfessionelle Hilfe an den Hungernden geleistet. 

Das graue Lastauto mit dem Kastenaufsatz beförderte die vielen großen Thermos-Kübel, die noch aus der Zeit der NSV (Nationalsozialistische Volksfürsorge) herübergerettet waren.  Dadurch bekamen unzählige hungrige Schulkinder sogar an allen Wochentagen eine sättigende warme und leckere Mahlzeit.  Noch heute wird der Keller des Schulgebäudes mit den aneinander gestellten Tischen, auf denen drei riesige runde Gefäße mit einer täglich wohlschmeckenden dampfenden Suppe gestellt waren, ganz hautnah lebendig in mir.  Hinter jedem Suppenkübel stand eine meistens ältere Frau mit einer Schöpfkelle in der rechten Hand.  Diese Schulspeisung Austeilenden trugen bunte Kittel oder Schürzen.  Wir Kinder standen sehr diszipliniert hintereinander in drei langen Reihen im spärlich beleuchteten Kellergeschoss in freudiger Erwartung einer guten warmen Speise.  Ein eigenes Gefäß, in dem wir dieses essbare Glück empfangen konnten, mussten unsere Mütter uns mitgeben.  Weil wir auf der Flucht aus dem deutschen Osten nur unsere Blechteller mit der geringen Vertiefung gerettet hatten, war es für mich ein ziemlicher Balanceakt, da wir Schulkinder dicht gedrängt in den Kellergängen alle mit unserer kostbaren Stärkung standen.  „Bitte nicht anstoßen“, haben meine Augen gewiss ständig signalisiert.  Aber wir hungrigen Kinder gingen sehr vorsichtig mit diesem wertvollen Geschenk um.  Es gab Erbsensuppe, in der sogar etliche Wurststücken zu finden waren.  „Wie viel Wurststücken hast du?  Ich habe schon vier gefunden“, so klingt es noch heute in meinen Ohren.  Am nächsten Tag teilten die freundlichen Frauen aus den neu gefüllten Kübeln eine leckere Schokoladensuppe vor den leuchtenden Kinderaugen aus.

Ganz selten kam es aber auch vor, dass die heiß ersehnte Schulspeisung nicht pünktlich geliefert werden konnte.  Nach einer kurzen Wartezeit gingen nach und nach Klassenkameraden und andere Schüler in Richtung nach Hause.  Meine älteren Brüder und ich blieben aber geduldig abwartend auf dem Schulhof zurück.  Unsere leeren Mägen knurrten, und wir wussten nur zu genau, dass unsere Mutter im Kochtopf leider nur eine dünne Wasser-Kohlschnitzel-Suppe für die ganze Familie zubereitet hatte.  Uns Geschwistern leisteten noch ein paar wenige andere Schulkinder Gesellschaft.  Welche hoffende Ausdauer wir doch in diesen schweren Jahren bewiesen haben!  Plötzlich erblickten wir das graue Lastauto, wie es in die Pestalozzistraße einbog.  Spontan perlte die Freude aus unseren Herzen über die jungen Stimmen hinaus auf den großen Schulhof: „Das Essenauto kommt!  Das Essenauto kommt!  Gott sei Dank, das Essenauto kommt!“

 

 

Die Puppe Billy

Woher meine Mutter im Jahre 1946 eine Adresse aus Amerika bekommen hatte, kann ich nicht mehr sagen.  Wir lebten damals in zwei kleinen Zimmern im Ruhrgebiet, nachdem wir schon im März 1945 aus unserer schönen Heimat und dem behaglichen Zuhause aus Hinterpommern vor den Russen geflüchtet waren.  Sieben ständig hungrige Menschen setzen sich auf die harten, splitternden Holzstühle an den niemals ausreichend gedeckten Tisch.

Aber aus dem fernen fremden Land jenseits des großen Teiches kam eines Tages das erste „Care-Paket“ in unsere armselige Allzweckküche.  Noch heute sehe ich meine Mutter mit der Schere in der Hand, wie sie ganz vorsichtig das in Stoff eingenähte Paket auftrennte.  Sie wollte das ebenfalls kostbare Stückchen Stoff dabei nicht einschneiden.  Die Mutter wusch den schönen groben Stoff, auf dem unsere Adresse mit einem waschechten Stift geschrieben stand.  Später nähte die Erfinderische aus vielen solchen Paketumhüllungen ein kleines Laken mit der Hand für das Kinderbettchen meiner Schwester.  Und immer noch sah man blass die Adresse auf dem amerikanischen Bettlaken.  Unsere kreative Mutter nähte auch niedliche Scheibengardinen für die niedrigen Fenster aus den für uns wertvollen  gesammelten Stoffumhüllungen der Care-Pakete, damit wir etwas Sichtschutz vor neugierigen Nachbaraugen hatten.  Als der feste Karton geöffnet war, kamen zuerst Dosen mit Cornedbeef, an denen ein Schlüssel zum Öffnen befestigt war, zum Vorschein.  Mit spürbar wachsender Freude entnahm unsere Mutter dem Geschenkpaket Kakao, echte Kaffeebohnen, Grieß und Trockenmilchpulver.  Auf dem Kohleherd kochte die tüchtige Familienmutter mit sehr viel Dankbarkeit im Herzen abends einen großen Topf Kakao.  Dieses lang entbehrte nährende Getränk schmeckte uns allen himmlisch.

Unsere Mutter schrieb lange Briefe, voller Dankbarkeit und Freude an die amerikanische Familie, die mein ältester Bruder schon perfekt ins Englische übersetzen konnte.  Das erleichterte natürlich das Verstehen bei den Gebenden.  Auch kleine Fotos machten die weite Reise mit dem Schiff.  Manchmal waren auch Kleidungsstücke in dem „Care-Paket“, aus dem die Nächstenliebe sichtbar zu spüren war.  Ein dunkelblauer Faltenrock, ein rosafarbener Pullover im Dornröschenmuster gestrickt, beglückten das arme Flüchtlingsmädchen, das manchmal nicht zur Schule gehen konnte, weil es keine Schuhe hatte.  Später schickte uns die fürsorgliche Familie auch auf ein zartes Bitten unserer Mutter gleich zwei Paar schwarze Kinderlackschuhe in meiner Größe.  Das zweite Paar Schuhe tauschten wir bei den Eltern einer Klassenkameradin gegen ein prächtiges Kaninchen ein.  Ich glaube, dass diese Amerikaner Christen waren.  Immerhin war Amerika bis zu unserem verlorenen Krieg unser Feind.  An ihrer nicht versiegenden Hilfsbereitschaft konnten wir ihr warmes mitfühlendes Herz spüren.  Dann kam wieder per Schiff ein Care-Paket in unsere erbärmliche enge Wohn-Schlaf-Koch-Ess-Küche auf den Familientisch.  

 

Als meine Mutter mir einen kleinen krummbeinigen Puppenjungen, namens Billy in den Arm legte, strahlte die einstige Puppenmutter aus dem deutschen Osten, die auch alle ihre Spielsachen verloren hatte, über ihr neues Glückskind so, dass sie in der Küche tanzte.

 

Für eine Tonne Kohlen

Um aus der ausweglosen Arbeitslosigkeit im Jahre 1946 herauszukommen, ging mein Vater, der gesund aus dem verlorenen Krieg zurückgekommen war, ein wahrlich mutiges Wagnis ein.  Er wollte nicht länger stempeln gehen, denn diese Armut belastete unsere ganze Familie erheblich.  Wir froren erbärmlich in den zugewiesenen zwei Zimmern, in denen im Winter das Wasser an den Wänden herunter lief.  Der Familienvater, der gelernter Kaufmann war, reiste zunächst alleine ins Ruhrgebiet.  Dort konnte man zu der Zeit noch junge Arbeitskräfte unter Tage auf den Kohle fördernden Zechen gebrauchen.  Das war für meinen tapferen Vater eine total ungewohnte und anstrengende, schwere körperliche  Arbeit.  Als dann ein großes Zimmer gefunden war, konnte die Mutter mit uns fünf Kindern nachkommen.  Ich kann mich noch heute daran erinnern, dass der erschöpfte Vater sich nach der Frühschicht auf seinen Strohsack legte, über dem eine grobe graue Decke lag.  Wir Kinder mussten uns dann bei Regenwetter rücksichtsvoll leise verhalten.

Der Kanonenofen spendete aber genügend Wärme.  Frieren mussten wir nun nicht mehr.  Jeder Bergmann bekam außer einer guten Bezahlung, auch Deputat in Form von Steinkohlen für seine harte Arbeit unten auf der sechsten oder siebten Sohle ohne Tageslicht.  Aber genügend zum Sattessen hatten wir immer noch nicht.  Es gab noch Lebensmittelkarten.  Und die Rationen waren sehr knapp berechnet.  Weil die Bäcker jedoch Kohlen zum Brotbacken brauchten, und offenbar nicht ausreichend Brennmaterial zur Verfügung hatten, kam den Eltern der Gedanke, einen Tauschversuch zu wagen.  Ein entlegener Bäcker ging auf ihr Tauschangebot gerne ein.  Für eine gelieferte Tonne Steinkohlen wollte uns der Brot Backende in Abständen zwölf große Brote geben.

Wie schnell bei einer siebenköpfigen Familie mit her-anwachsenden Kindern die Brotrationen der Lebensmittelkarten aufgegessen waren, brauche ich der Generation, die diese schwere Zeit selbst erlebt hat, gewiss nicht zu erzählen.  Und Hunger tut weh!  In der Hoffnung, dass der Bäcker damals wenigstens zwei Brote über die Ladentheke schieben würde, stiegen meine Mutter und ich in die Straßenbahn ein.  An diesem Tag war in unserem Küchenschrankfach, in dem wir unseren stets zu kleinen Brotvorrat aufbewahrten, kein Krümel mehr zu finden.  Wir standen im Bäckerladen, und ich weiß noch, dass die Stimme meiner Mutter eine bittende Klangfarbe hatte.  Sie bat um zwei Brote und die Bäckersfrau sagte: „Heute kann ich ihnen aber nur ein Brot geben.“  Was ist schon ein Brot für sieben hungrige Menschen!  Mit dem eingetauschten einen Brot in der alten Tasche, gingen wir beide enttäuscht zur Straßenbahnhaltestelle zurück.  Schließlich kostete die Beförderung mit der schönen alten Bimmelbahn auch noch Geld.  Aber unser noch bestehendes Brotguthaben beruhigte uns nicht unerheblich bis zur nächsten Woche.

Lebensschule

Rechnen, schreiben und lesen

lehrten mich gestrenge Lehrer.

Doch im Laufe der Jahre

kam ich zu der weisen Erkenntnis,

dass zu meiner

Lebensbewältigung

das Lieben und Vergeben

die allerwichtigsten Fächer

in der Schule des Lebens sind.

Wir Straßenkinder aus den Jahren um 1950

Walter trifft in der Innenstadt beim Einkaufen zufällig ein „Straßenkind“ aus der gemeinsamen Kindheit.  Sigrid steht im Supermarkt an der Kasse in der Schlange direkt vor ihm.  „Wie geht es dir, schöne Frau?“ – „Deine Komplimente mag ich heute besonders gerne, lieber Walter.  Ich war heute Morgen schon beim Arzt.  Und der hat mir schonungslos ins Gesicht gesagt, dass meine Knochen extrem porös sind.  Aber das wäre in meinem Alter ganz normal.“ – „Ach, liebe Sigrid, ich laufe auch nicht mehr so schnell im Wald umher wie damals, als wir gemeinsam Räuber und Gendarm spielten und uns in Windeseile versteckt haben.  Diese Spiele an der frischen Luft haben uns einen riesigen Spaß gemacht!  Danach waren wir immer sehr hungrig.  Aber wie gut, dass ich dich zufällig treffe!  Ich möchte wieder alle Straßenkinder zum gemeinsamen Jahresfest einladen.  Was meinst du, der September ist doch besonders gut geeignet für unsere stets schöne Feier!“ – „Ja, Walter, dann können wir bei trockenem Wetter die große Wiese in Erikas verwunschenem Garten genießen.  Wir müssen dann nur noch gemeinsam inbrünstig zum Wettergott beten, damit er uns keinen Strich durch unsere so sehr beliebte Feier im schönen Altweibersommer macht.  Du, ich muss mich jetzt leider auf den Weg machen, weil meine Enkeltochter heute Mittag zu mir zum Essen kommt.“ Sigrid umarmt Walter mit den Worten: „Großer Junge, du hast dir immer noch ein Stückchen Leichtigkeit aus deiner Kindheit bis heute bewahrt.“ – „Sigrid, darum ist mir auch an dem Straßenkinderfest so viel gelegen.  Ich fühle mich hinterher immer um viele Jahre verjüngt!“  Beide gehen getrennte Wege, jeder in seine Familie zurück.

In den darauffolgenden Monaten telefoniert der engagierte Walter oft, und er versucht möglichst viele stets Interessierte zur diesjährigen Feier einzuladen.  Manchmal kann er seine Einladung nur dem Anrufbeantworter anvertrauen.  Rainer und Elke sind wahrscheinlich wieder auf Reisen.  Und Hannelore liegt schon seit Wochen im Krankenhaus.  So erfährt der „Vater“ der Straßenkinder viel von seinen Spielgefährten aus der gemeinsamen Kindheit.  Hannelore besucht er im Krankenhaus, und er macht ihr Mut, dass sie hoffentlich doch an der Feier im schönen Monat September dabei sein kann.

Kurz vor dem geplanten Jahresfest wird in mancher Küche leckerer Kuchen gebacken. Annedore „bastelt“ ihren heiß begehrten Sommersalat ganz frisch vor dem Zusammensein.  Der häusliche Werner überrascht seine ehemaligen Spielkameraden mit einem selbstgebackenen knusprigen Landbrot.  Sogar Hannelore kann diesen Tag genießen.  Sie hat mit ihrer kleinen Kraft wunderschöne Tischkarten individuell für jeden bemalt.  Erika steht an der alten braunen Gartenpforte, umarmt jedes Straßenkind und hüllt es in ihre natürliche warme Herzlichkeit ein.  Die starken Männer tragen die mitgebrachten Stühle in den romantisch verwunschenen Garten.  Rosa Heckenrosen verzaubern mit ihrem Duft vor allem die Frauen.  Doch die letzten weißen und roten Phloxblüten im schönsten Sommerkleid machen den Heckenrosen mit ihrem betörenden Duft wahrlich Konkurrenz.  Auf den Tischen erzählen Muscheln und Gräser von Urlauben an der Nord- und Ostsee und vom Wind in den Haaren.  „Wie kreativ ihr alle seid“, sagt Walter beim Anblick der Tischdekoration.  Sein schon knurrender Magen lenkt seinen Blick aber selbstverständlich auch zum bunten üppigen Büfett.  Seine Augen leuchten beim Anblick der gebratenen Hähnchenschenkel.

 

„Ich begrüße alle Straßenkinder von ganzem Herzen!  Wie schön, dass ihr so zahlreich gekommen seid.  Fühlt euch wie zu Hause in Erikas zauberhaftem Garten.  Und nun wollen wir auf unser gesundes Wiedersehen unsere Gläser erheben und in Dankbarkeit fröhlich miteinander feiern!“  Das verführerische Büfett lockt zunächst alle Feiernden in seine duftende Nähe.  Wohlig gestärkt setzt sich jeder gespannt auf seinen Stuhl.   Die Gespräche fließen aus der Erinnerung ins Heute hinein. Werner schlägt vor: „Es wäre doch sinnvoller und für uns alle auch mehr Genuss, wenn immer nur einer seine alte schönste Geschichte erzählen würde.“  Vollen Beifall bekommt Werner für seinen guten Vorschlag. Elke macht den Anfang: „Also, ich mochte die Singspiele am liebsten, die wir gemeinsam mit den Jungen machten.  ‚Hell scheint der Mond, und so geht er auch, er scheint alle Tage über Müllers Haus…’  Jetzt fallen alle mit ihren kräftigen Stimmen ein und singen gemeinsam das Lied zu Ende: „…darinnen wohnt ein Mädchen, das Elke wird genannt, sie hatte sich verliebt mit dem Walter an der Hand, der Walter hat geschrieben: Ich liebe dich so sehr, ich liebe keine andre als dich, mein goldner Stern!“  Augen leuchten, die Herzen empfinden noch einmal die erste zarte Liebe mit einem Straßenkind.  Der offenherzige Walter erinnert sich gerne: „Ich war damals tatsächlich in Elke verliebt.  Sie konnte so schnell laufen, und im Wind flogen ihre schönen langen braunen Zöpfe, an denen ich ja auch mal zart gezogen habe.  Weißt du das noch?“  Mit einem wunderschönen Lächeln lässt Elke alle an ihrer heimlichen ersten Liebe teilhaben.  „Lieber Walter, du hast nicht nur an meinen Zöpfen sanft gezogen, du hast mich auch an so manchem Schultag nach Hause begleitet.  Und ich war so stolz, dass ich mich mit diesem vorbildlichen Kavalier schmücken konnte!  Wir haben uns immer angeregt unterhalten können.“  Erika meldet sich jetzt zu Wort: „Weil unsere große Familie nach der Flucht 1945 aus dem deutschen Osten nur zwei kleine Zimmer zum Wohnen zur Verfügung hatte, war besonders unsere Mutter so froh, dass wir Kinder alle so gerne draußen auf der Straße und in Wald und Wiesen gespielt haben.  Aus dieser Zeit der großen Freiheit kenne ich noch ein weiteres sehr vergnügliches Kreisspiel aus der gemeinsamen Zeit unserer unbeschwerten Kinderjahre.  Es heißt: ‚Dieb und Dieb ich will dich haschen, hast mein Liebchen mir geraubt, aber nein ich kann’s nicht lassen, such mir eine andere aus, lauf Dieb, trallala, lauf Dieb, lauf!’  Erika schaut interessiert in die Runde.  Der mutige Rainer sagt darauf: „Wird dieses Kinderspiel nicht heute auch von Frauen und Männern in der Realität praktiziert?  Wenn wir unsere Liebste oder unseren Liebsten verloren haben, aus welchem Grund auch immer, sehnen wir uns schon sehr bald nach einem neuen lieben Partner.“ – „Rainer, du hast wirklich Recht.  Ich habe diesen Zusammenhang bisher noch nicht so sensibel erkannt“, sagt Erika mit ihrer melodischen Altstimme.  „Damals in der glücklichen Kindheit war es nur ein lustiges Spiel, aber im Erwachsenalter verursacht das Fortgehen des Ehepartners zu einem anderen Menschen grausame Seelenschmerzen!“ – „Wie gut, dass wir uns heute an unsere frohen Kinderjahre auf der Straße erinnern!“  Mit diesem positiven Gedanken lenkt Sigrid das Gespräch wieder in eine frohe Stimmung hinein.  Dann gab es aber auch Beschäftigungen, die nur Mädchen miteinander spielten.  „Springseilspringen war ein herrliches Vergnügen, das tüchtig Körperkraft erforderte.  Bis die Wangen rot waren und uns langsam die Puste ausging, eher haben wir das Seil nicht weggelegt.“  Rainer meldet sich zu Wort: „Also, ich konnte mit einem selbstgebastelten Katapult hingebungsvoll Schießübungen machen.  Zuerst habe ich mir im Wald eine Astgabel geschnitzt, dann einen ausgedienten roten Weckgummiring von meiner Mutter erbettelt.  Der wurde mit einem Draht oder Bindfaden an der Gabel gut befestigt und in der Mitte ein Stückchen Leder eingebunden.  Und schon war die Steinschleuder aktionsfähig.“  Die anderen Straßenjungen haben ein verschmitztes Lächeln auf ihren Gesichtern, das sie verjüngt.  Walter erhebt sich mit einem entspannten frohen Gesicht.  „Mir ist es ein Anliegen, euch allen für diese unbezahlbare Verjüngungskur von ganzem Herzen zu danken!  Ich fühle mich heute durch den Rückblick in unsere schönen gemeinsamen Kinderjahre auf der Straße mit den vielfältigen kreativen Spielen erneut so reich beschenkt.“  Ein kräftiger Applaus lässt im Kerzenlicht sogar die Muscheln auf den Tischen vor Freude tanzen.  Erika beschenkt alle Gäste mit einem kleinen bunten Blumenstrauß aus ihrem wild wuchernden Paradies auf Erden.  Frohen Herzens machen sich alle mit der goldenen Vollmondlaterne am Himmel auf den Heimweg.


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Bleibender Schatz

 Es gibt auch eine herrliche kostbare Kette

aus hellen und bunten Perlen der Erinnerung.

 Du trägst sie in dir, fädelst immer wieder neue Perlen

auf die lange Schnur.

 Dieses wachsende Vermögen bereichert dich

besonders in schweren Stunden und im Alter.

Heuwiesenduft

Duftende Heuwiesen erinnern mich noch heute

an meine Kindheit.

Als Flüchtlingsmädchen hüpfte ich vergnügt

in der Scheune des Großbauern

auf Heubergen

und landete mit nackten Beinen

in einem Mäusenest.

Heute streichelt mich lieblicher Duft

der wilden roten und weißen Heckenrosen,

und ein Kuckuck ruft in der Ferne.

Wie wunderbar sind des Schöpfers Werke.

Beschenkt mit einem Zauber der Erinnerung,

wandere ich heimwärts.

Am Bach

Am Mühlbach meiner Kindheit

haben Mutter und ich Enten gefüttert,

und oftmals schob ich stolz

meinen Puppenwagen am Bachufer entlang.

Das blanke Wasser dieses Mühlbachs

spiegelt noch heute mein Kinderlachen

von damals wider.

Maienstrauß

Augen pflücken auf Waldwegen

Frucht versprechende blühende Walderdbeeren,

am Wanderpfad leuchten Veilchen kräftigblau,

– klein und herzig –

unten im Tal breitet eine bunte Wiese,

gleich einem kostbaren Teppich,

sich allen meinen Sinnen aus,

im zartlila Blütenkleid

schmückt sich das Wiesenschaumkraut,

umtanzt von tausend gelben kleinen Sonnen,

dem blühenden Löwenzahn.

Mit diesem bezaubernden Blumenstrauß

im Herzen

wandere ich im maigrünen Buchenwald,

reich beschenkt von unserem Schöpfer,

verwandelt in mein Zuhause zurück.

Muttertag

Gelb, wie die Sonne,

sind meine gepflückten Schlüsselblumen,

mit grasgrünen Blättern verziert,

im Mai im Wald gepflückt.

Meine kleine Faust

hält den üppigen Strauß,

mein heißes Herz

schmiegt sich liebend an Mamas Bauch.

Glückseligkeit empfindet das kleine Mädchen.

  Auf der Schaukel

Mit sanftem Schwung

zurück in die Kindheit

himmelwärts fliegen,

Leichtigkeit erleben.

Vielleicht erinnert sich

mein Körper an den

beruhigenden Rhythmus

der fernen Wiegenzeit.

 Hin und her, vor und zurück,

immer höher treibt mich die Sehnsucht,

aus dem glückseligen Becher

der Kindheit zu trinken.

Augen träumen, sitzen schon

auf alten grünen Bäumen,

die Seele spannt ihre Flügel aus,

hebt ab und tanzt beschwingt

im stärkenden Rückenwind

auf des Himmels weißen Wolkenbergen.

*  *  *

 

Kindheits-Herbstzauber –

Ich laufe mit dem bunten Drachen

barfuß lachend schnell

über pickende Stoppeln,

glückselig,

wie nur Kinder sein können.

*  *  *

 

Im kalten Januar küsst die Wintersonne zärtlich

den knorrigen Apfelbaum,

 schenkt ihm einen bunten Traum

aus Blüten und Kinderlachen.

 

Impressionen über die Zeit

Zeitverloren, in frühkindlicher Hingabe

Schmetterlinge erhascht,

bunte Wiesenblumen gepflückt

und den Puppen Wiegenlieder gesungen.

Zeitbegrenzte himmlische Freiheit,

die jedoch bisweilen zu nachtschlafender Zeit

von Sirenengeheul schmerzhaft unterbrochen wurde.

Neuer Lebensabschnitt, Einschnitt.

Die schrille Schulglocke teilte Stunden, Pausen.

Kindertage erhielten Pläne, Vorschriften,

Leistungen wurden unter Zeitdruck erbracht.

Das Lesebuch saugte heiße Tränen auf.

Ausbruch, Fluchtversuch, Rebellion der Seele,

freiheitshungrig lief ein Kind in den weiten Wald.

 Jugendzeit, die Zeit der ersten Liebe,

der Küsse ohne Uhr, der Tänze in den Morgen.

Erwartet wurde Integration

in die leistungsorientierte Gesellschaft.

Träumer, Versager hinderten den Aufbau

nach dem verlorenen Krieg.

Neugierig tastend bewegte sich ein junger Mensch.

Hochzeit, hohe Zeit der Liebe.

Der Alltag: Betten, Töpfe und Teller

konnten nur mit vielen Arbeitsstunden bezahlt werden.

Nach einer hoffnungsvollen Zeit von neun Monaten

hielt die große weiße Uhr im Kreissaal

keimfrei den Zeitpunkt der Geburt unwiderruflich fest.

Neues junges Leben, Glück und Verantwortung,

für wie viele Jahre?

Geregelte  Zeitgenossen

im Zeitalter hochentwickelter Technik,

lassen sich zuverlässig von Musik wecken,

frühstücken nach der Eieruhr,

schenken alle  Aufmerksamkeit dem Terminkalender,

warten genervt  an zehn Ampeln auf grünes Licht,

erreichen im Werk die Stechuhr erst hinter dem Chef,

leiden unter ständigem Konkurrenzkampf.

 Ich sitze am sonnigen Strand,

zwischen meinen Fingern zerrinnt der feine Sand,

meine Fußspuren verweht der Wind.

Der Versuch,

mir meine Lebens-Sanduhr vorzustellen, misslingt.

Liebevolle und weise Einrichtung unseres Schöpfers.

 

Weitere Erinnerungen

 

Bertas Waschtag

Schon am Vorabend des großen Waschtages begann früher für Berta die Arbeit mit der großen Wäsche.  Unsere Geschichte spielt nämlich in den 1930er Jahren in einem großen Mietshaus aus der Gründerzeit, welches natürlich ohne Fahrstuhl gebaut war.  Ähnlich könnte es sich aber auch noch um 1960 abgespielt haben.

Also, nach einem gewöhnlichen Arbeitstag in Familie und Haushalt sucht Berta alle schmutzige Wäsche zusammen, die sie in einer alten Wäschetruhe gesammelt hat.  Sie stopft mit ihren Fäusten und viel Kraft auch noch die letzten getragenen Hemden und Unterhosen‚ auch die benutzten Handtücher aus Küche und Toilette in den riesigen, voll gestopften Weidenkorb.  Den schweren Korb trägt sie vom vierten Stock die vielen ausgetretenen ächzenden Holztreppenstufen bis in den dritten Stock hinunter.  Da macht sie eine Verschnaufpause und stellt den schweren Waschkorb ab; denn nach dem letzten Waschtag hatte sie einen ziemlichen Muskelkater. Vom dritten Stockwerk bis in den zweiten trägt sie den Korb dann weiter treppab.  Da hört sie plötzlich ein Baby schreien.  Sie bleibt stehen, lauscht noch einmal, aber das kann ja nur ihre kleine Gertrud sein.  Sonst hat niemand in diesem Hause ein so kleines Kind.  Berta lässt ihren Waschkorb stehen und läuft eilig, zwei Stufen auf einmal nehmend, bis zum vierten Stock hinauf.  Aus der Kitteltasche holt sie den Wohnungsschlüssel, schließt auf, läuft voller Besorgnis in das Wohnzimmer an das Stubenwägelchen.  Ihre Hände wischt sie an ihrem Kittel ab, bevor sie ihr Töchterchen auf den Arm nimmt und sich ein Spucktuch über ihre rechte Schulter legt.  Sie klopft der Kleinen zart auf den Rücken.  Da kommt auch schon das „Bäuerchen“.  Außerdem „duftet“ es aber auch noch nach vollen Höschen und Windeln.  Sie wickelt die Kleine aus und macht sie sauber.  Sie hat sogar noch warmes Wasser auf dem Herd im Kessel.  Sie trocknet die Kleine mit einem Handtuch gut ab.  Danach cremt und pudert sie den kleinen Po und wickelt ihn neu in frische Tücher.  Jetzt legt sie ihre niedliche Gertrud – offenbar zufrieden – wieder in das Stubenwägelchen.  Die schmutzigen Windeln spült sie grob in der Toilette aus (sie haben in ihrem Mietshaus sogar schon Spülkloset auf halber Höhe der Treppe).  Mit den schmutzigen Tüchern in der Hand geht es dann wieder treppab bis in den zweiten Stock.  Den Waschkorb schwingt sie nun eilig unter ihren rechten Arm und läuft bis in den Keller hinunter.  Vor der Waschküche stellt sie den Korb ab und schließt die Tür auf. Ihr großes Henko-Paket zum Einweichen hat sie schlauerweise im Kohlenkeller stationiert. Berta schließt den Kohlenkeller auf, sammelt Holzscheite und Tannenzapfen in die alte, aus Weidenzweigen geflochtene Kiepe und legt obendrauf das große Henko-Paket.  Das trägt sie alles in die Waschküche, dreht den Wasserhahn auf, lässt Wasser in die große Zinkwannen laufen, reißt das Henko-Paket auf, lässt mit der linken Hand das Einweichpulver in das Wasser rieseln, während sie mit der rechten Hand mit einer großen Holzkelle rührt, damit es keine Klumpen gibt.  Jedes Wäschestück nimmt sie auseinander und steckt es dann in die Einweichlauge. Den Waschkessel bestückt sie schon mit Holz, damit es morgen früh gleich losgehen kann. Erleichtert springt sie dann ohne Last alle Treppen bis zum vierten Stock wieder hoch. Berta schließt die Wohnungstüre auf, schaut gleich nach ihrer kleinen Tochter, die ganz zufrieden schläft.  „Wie schön“, denkt sie, „da kann ich ja noch in Ruhe ein paar Wickeltücher umstechen“ und legt dazu ihre müden Beine hoch. Doch schon bald fallen ihr vor Müdigkeit die Augen fast zu. Leise geht sie ins Schlafzimmer, zieht sich aus und geht dann wieder auf Zehenspitzen in die Küche, um sich mit kaltem Wasser und Kernseife gründlich zu waschen.  Danach rubbelt sie sich sorgfältig mit ihrem Gerstenkornhandtuch trocken. Leise schleicht sie in ihr Bett und stellt den laut tickenden Wecker mit den zwei Glocken oben drauf auf fünf Uhr!  Da fällt ihr ein, dass sie ja noch ihre alten Kleidungstücke, die sie immer am großen Waschtag anzieht, auf den Stuhl legen wollte. Sie zieht noch mal an der Lampenschalterschnur am Kopfende ihres Bettes und springt schnell aus dem Bett.  Ja, da hat sie schon die verwaschene Bluse, den alten Baumwollrock, das Tuch für den Kopf und die Gummischürze gefunden. Berta schlüpft erneut in ihr Federbett und schläft gleich ein.

Brrrr, klingelt ihr Wecker auf dem kleinen Nachttischchen. Berta reckt sich – sie streckt die Arme und Beine erst einmal richtig von sich, bevor sie aufsteht. Sie geht ans Fenster, reibt sich den Schlaf aus ihren Augen, öffnet das Fenster und schaut in den frühen Morgen.  Sie ist optimistisch und hofft auf trockenes Wetter mit möglichst auch etwas Sonnenschein und Wind, damit ihre Wäsche nachher im Hof schnell trocknet und die weißen Stücke auch etwas gebleicht werden können.  Nun zieht sie ihre selbstgestrickten Socken an und geht leise auf Zehenspitzen in die Küche, damit sie ihre kleine Gertrud nicht weckt. Ihre Mutter kommt heute nämlich, um die Kleine zu versorgen, denn sie wird voll mit der Wäsche beschäftigt sein.  Berta wäscht sich schnell und rubbelt sich mit ihrem Handtuch ab.  Flink zieht sie Hemd, Schlüpfer, Bluse und Rock an und bindet sich das Tuch um den Kopf, damit ihr ihre zum Knoten gebundenen Haare beim Arbeiten nicht in das Gesicht fallen können. Mit der Gummischürze über dem Arm und den Überziehschuhen aus Gummi in der Hand geht sie noch schnell an der Speisekammer vorbei, um sich einen Apfel zu holen.  Leise schließt sie hinter sich die Korridortüre.  Dann erst zieht sie die Gummischuhe an und bindet die Gummischürze um, beißt in den Apfel und läuft flink vom vierten Stock bis in den Keller.  Sie schließt die Waschküchentür auf und geht unverzüglich ans Werk. Zuerst wringt sie alle Wäschestücke einzeln aus der Einweichlauge heraus.  Dann lässt sie Wasser in den Waschkessel einlaufen und schüttet ein großes Paket Persil hinein.  Mit einem Streichholz zündet sie das vorbereitete Holz unter dem Kessel an.  Jedes Teil nimmt sie auseinander und steckt es in die Waschlauge.  Die trockenen Tannenzapfen und die Holzscheite haben richtig Feuer gefangen und knistern und knallen unter dem sich nur langsam erwärmenden Kessel.  Berta legt noch ein paar besonders dicke Holzstücke ins Feuer, damit sie dann erst mal Pause machen kann.  Sie freut sich auf das Frühstück mit ihrer Mutter.  Freudig steigt sie die Treppen wieder hinauf.  Beim Aufschließen der Wohnungstür kommt ihr schon der Duft des Bohnenkaffees entgegen, den es heute am Waschtag statt des üblichen Muckefucks ausnahmsweise gibt.  Die Großmutter hat frische Brötchen mitgebracht und hält nun schon die Enkeltochter auf dem Arm und singt ihr ein Lied vor: „Wer will fleißige Waschfrauen sehn ...“  Berta schließt bei diesem entzückenden Anblick gleich beide in die Arme.  Sie frühstücken gemütlich und plaudern dabei. Aber leider muss Berta wieder hinunter fünf Treppen abwärts in den Keller laufen.  Doch sie nimmt gleich die Wäscheleine und die Klammern in einem Beutel mit, die sie in dem Kämmerchen an der Wand zu hängen hat. Beim Aufschließen der Waschküchentür kommt ihr der Dampf der kochenden Wäsche entgegen. Mit der großen Holzkelle fischt sie die heiße Wäsche aus der kochenden Lauge und wirft sie schnell zum Nachwaschen in eine Zinkwanne mit etwas kaltem Wasser. Sorgfältig prüft sie jedes Teil, ob noch Flecken drin sind. Wenn nötig, rubbelt sie zwischen ihren beiden Händen die noch nicht ganz sauberen Stellen heraus.

Gleich danach spült sie in viel kaltem Wasser, wringt zwischendurch wieder jedes Teil aus, spült erneut und wringt wieder gut aus, bis das Spülwasser klar bleibt.  Sie legt alle Wäschestücke in einen aus Weidenzweigen geflochtenen Korb, trägt ihn die kleine Kellertreppe zur Hofseite hinauf, stellt den Korb ab, spannt sogleich die Leine straff von Pfahl zu Pfahl.  Berta bückt sich zum vollen Waschkorb hinunter, sie greift zuerst nach den dickeren Handtüchern, schlägt sie tüchtig aus und klammert sie gut an der Leine fest. Danach sind die großen Betttücher und die Taschentücher an der Reihe. Dann folgt die Unterwäsche.  Zuletzt hängt sie die vielen Windeln und Wickeltücher, die Babyhemdchen und Jäckchen und Spucktücher auf.  Es ist heiß und ein wenig schwül geworden.  Gewiss kann sie schon bald die ersten trockenen Tücher abnehmen.  Den leeren Korb lässt sie auf dem Hof stehen. Berta ist hungrig.  Sie steigt nicht mehr ganz so schwungvoll die vielen Treppenstufen zum vierten Stock hinauf.  Sie schließt die Wohnungstür auf, schnuppert gleich den herrlichen, ihr bekannten Duft des Apfelkuchens, den ihre Mutter so vorzüglich zu backen versteht.  Schnell holt sie noch ein frisches Tischtuch aus dem Schrank und legt es über den rohen Holztisch.  Köstlich schmeckt der frische Kuchen, und sie unterhalten sich angeregt.  Dabei merken die beiden Frauen gar nicht, dass es draußen sehr schnell immer dunkler wird.  Der erste Donner rollt, da erst werden die beiden jäh aus ihrer Gemütlichkeit herausgerissen.  Beide laufen, so schnell sie können, die Treppen hinunter bis in den Hof, reißen die schon trockenen Wäschestücke zuerst von der Leine und werfen sie in den Korb.  Das in einem Tempo, dass sie beide außer Atem kommen.  Als der plötzliche Wind den Staub des Hofes aufwirbelt und die ersten dicken Regentropfen herunterklatschen, laufen sie beide mit dem vollen Waschkorb in das Haus.  Die wieder nass gewordene restliche Wäsche holt Berta dann in einer Wanne herein.

Heute wird das Wetter wohl nicht mehr besser.  So muss sie die nasse Wäsche bis auf den Trockenboden schleppen, um sie dort zum Nachtrocknen aufzuhängen.  Dann geht‘s wieder eine Treppe abwärts bis in die Wohnung.  Ihre Mutter legt schon die Handtücher schön glatt. Zusammen recken sie dann die großen Bett- und Tischtücher und legen sie in den Korb. Erforderlichenfalls sprengen sie noch etwas Wasser auf die zu trocken gewordenen Teile; denn für morgen hat Berta sich schon zur Rolle eingetragen, in der die großen Teile geglättet werden. Die beiden Frauen verbringen noch einen sehr gemütlichen und erholsamen Abend bei Radiomusik.  Berta umstickt mit rosa Garn die Wickeltücher für ihr Töchterlein, während die Großmutter emsig an einem Überhandtuch in blauer Kreuzchenstickerei arbeitet. 

Am nächsten Tag tragen sie gemeinsam den vollen Korb zur Rolle.  Sie rollen jedes Teil einzeln durch.  Gegen Mittag tragen sie den Korb mit der glatten Wäsche nach Hause.  Gleich räumen sie die frisch gerollte Wäsche in die Schränke, jedes Teil an seinen Platz. Die Bügelwäsche hebt Berta sich für den nächsten Tag auf.  Am Nachmittag bringt sie dann noch ihre Mutter zum Bahnhof.  Auf dem Wege dorthin sagt ihre Mutter: „Berta, du bist doch eine sehr tüchtige Frau, wie glänzend du mal wieder alles geschafft hast.“ – „Ja, Mutter, ich muss doch meinem Namen Ehre machen; denn Du weißt ja, dass Berta aus dem Althochdeutschen stammt und ‚glänzend’ bedeutet.  Sie bedankt sich ganz herzlich bei ihrer Mutter und winkt noch lange mit ihrem ausgebreiteten Taschentuch hinterher, als der Zug sich, in Dampfwolken und Qualm gehüllt, in Fahrt setzt.

Eine Liebe im Spätsommer

Schon lange schiebt sie die Reise in die Vergangenheit vor sich her.  Immer wieder sind leider Arzttermine wichtiger.  Außerdem lebt die kreative Frau in ihrem ausgefüllten Ruhestand.  Sie hat auch pünktlich Abgabetermine bei Verlagen einzuhalten.  Aber für diese Freudequelle will und muss sie auch selber sorgen.  Noch blühen in den Gärten Rosen in ihren bezaubernden roten, weißen und gelben Tönen.  Doch die ersten Hagebutten leuchten schon an den vielen Büschen, wenn sie mit dem Fahrrad täglich an Wiesen und Feldern entlangfährt.  Der Spätsommer mit seiner Fülle ist auch auf den Wochenmärkten zu sehen.  Kürbisse leuchten in Gelb und Orange und in neuen Formen, die erst in den letzten Jahren angeboten werden.  Die Frau denkt zurück an die Kürbisernte ihrer längst verstorbenen Eltern.  Sie möchte auch so gerne noch mal zu der fernen Grabstätte ihrer Eltern fahren.  Bevor es draußen kalt wird, will sie endlich die längst geplante Reise in ihre Jugendjahre verwirklichen.

Das Bahnticket ist schnell gekauft.  In einem ruhig gelegenen kleinen Hotel, in dem sie sich schon vor etlichen Jahren zum Klassentreffen eingemietet und wohl gefühlt hatte, bestellt sie per Telefon ein schönes Einzelzimmer.  Die leichte Reisetasche wird auf der weiten Fahrt mit den unverzichtbaren Sachen wie dem kleinen roten Reisewecker, dem wertvollen blauen Poesiealbum aus dem Jahre 1951 und dem weichen Schlafanzug gefüllt.  Als die Frau in den ICE einsteigt, fühlt sie, dass eine freudige Stimmung sich in ihrer Seele ausbreitet.  Still setzt sie sich auf ihren reservierten Fensterplatz.  Ein kleines Buch mit Kurzgeschichten schlägt sie auf.  Aber nach ein paar Minuten merkt sie schon, dass das gelesene Wort keine Chance hat, in ihr Inneres zu gelangen.  Ihre Gedanken eilen schneller, als der ICE es vermag.  Ihre fröhlich tanzenden Erinnerungen an die Jugendjahre sind schon am Zielort angekommen.  Tief in diese heiteren Gedanken versunken, hört sie die Lautsprecherdurchsage des großen Bahnhofs.  Mit der blauen Reisetasche in der Hand verlässt sie nach ein paar schönen erholsamen Stunden angenehmer Fahrt erwartungsvoll den Zug.  Ein freundlicher Taxifahrer bringt sie wohlbehalten bis zum Hotel.  Und dieser zuvorkommende Mann trägt der freundlichen Frau ihr kleines Handgepäck bis vor ihr reserviertes Appartement.  Großzügig bezahlt sie den vorbildlichen Fahrer.  Beim Betreten der Unterkunft für eine unbestimmte Zeit schweift ihr prüfender Blick zuerst zum frisch bezogenen Bett und der kleinen Leselampe am Nachttisch.   Weil sie aus Gewohnheit vor dem Einschlafen immer so gerne noch etwas liest, ist für sie diese Leuchtquelle so wichtig.  Über den Schreibtisch, der mit natürlichem Tageslicht vom Fenster verwöhnt wird, freut sie sich besonders.  Auch das sehr saubere Duschbad mit den vielen weichen Verwöhnhandtüchern hat eine einladende Wirkung.  Es ist inzwischen Spätnachmittag, und die Frau fühlt sich nicht mehr taufrisch wie am heutigen Morgen.  Eine kleine Entspannung auf ihrem schönen Bett tut ihr gut.  Einschlafen kann sie jedoch nicht.  Sie wechselt ihre Kleidung und zieht bequeme Laufschuhe an.  Der September verschenkt seine milden goldgelben Sonnenstrahlen auch in diesem ehemaligen Kohlenrevier.  Die altvertrauten Straßen nimmt sie unter ihre schnellen Füße.  Ihre wachen Augen, die noch keine Brille benötigen, saugen alle neuen Eindrucke begierig auf und speichern sie ab.

Zielstrebig geht sie zuerst zum Friedhof.  Unter den hochbetagten Bäumen findet sie eine Bank im Schatten, die zum Verweilen einlädt.  Auf den Wegen schaut sie aufmerksam auf die Inschriften der Grabsteine.  Da findet die Suchende auch das Grab einer ehemaligen Klassenkameradin, die nicht mal fünfzig Jahre alt geworden ist.

 

Dieses Mädchen war zur Schulzeit immer viel größer und kräftiger als sie.  Dann steht sie lange vor der gepflegten elterlichen Grabstätte.  Sie verspürt den dringenden Gedanken, mit ihrer toten Mutter zu sprechen.  Leise sagt sie: „Mutter, warum ist es zwischen uns beiden nicht zu tiefgreifenden Gesprächen gekommen?  Jetzt möchte ich dich noch so viel fragen.“  Sie pflanzt die zuvor gekaufte lilafarbene Heide auf das alte erinnerungsträchtige Grab.

In der belebten Innenstadt kommt sie an der kleinen alten Eisdiele vorbei.  In der Kindheit hat sie dort für einen Groschen ein leckeres Eis im Hörnchen kaufen können.  Bei dem Gedanken huscht ein Lächeln über ihr Gesicht.  Langsam bewegt sie sich weiter durch die altvertrauten Straßen.  Ihre Augen sind auf der Suche nach bekannten Menschen.  Sie schaut den Vorübergehenden gezielt in die Gesichter.  Plötzlich traut sie ihren Augen im ersten Moment nicht. Der Mann, der ihr auf dem Bürgersteig entgegenkommt, hat mit ihr auch etliche Jahre gemeinsam die Schulbank gedrückt.  Der graumelierte Herr von großer schöner Statur findet die ersten Worte: „Annegret, wie kommst du denn so plötzlich in unsere Gegend?“ – „Ja, mein lieber Felix, mich hat die Sehnsucht an den Ort getrieben, an dem ich meine schönsten Lebensjahre verbracht habe.“  In dem noch glatten Gesicht des Mannes sieht Annegret so ein verschmitztes Lächeln, wie sie es schon zur Schulzeit an ihm so gemocht hat.  Beide stehen sich wie angewurzelt eng gegenüber.  „Was meinst du, Felix, ist es nicht angenehmer, wenn wir jetzt vielleicht in Richtung Stadtpark einen Spaziergang machen, bevor die warme Septembersonne sich für heute verabschiedet?“ – „Gerne, liebe Annegret, das ist ein guter Vorschlag.“  Die kleine, immer noch schlanke Frau geht neben dem großen kräftigen Mann an seiner rechten Seite.  Sie spürt, dass ihr Herz schneller schlägt als sonst.  Annegret fühlt sich in Felix’ Nähe sehr wohl.  Im Stadtpark blüht noch der wundervolle Phlox im schönsten Sommerkleid.  Aus weißen und roten Trichterblüten verschenken die Flammenblumen ihren bezaubernden Duft.  Die Frau steckt genießerisch ihr kleines Näschen in einen Blütenkelch.  Felix schaut ihr zu und lächelt.  Die Luft ist angenehm warm.  Ein leichter Wind fächelt den Duft der Blumen zu den auf der Bank sitzenden beiden früheren Schulkameraden.  Ein lebhaftes Gespräch entwickelt sich über die alten, längst verstorbenen Lehrer.  „Sag mal, Felix, weißt du noch, dass du mir, als wir in der 8. Klasse waren und die wunderschöne zweiwöchige Klassenreise ins Münsterland gemacht haben, meine Schuhe geputzt hast?  Und in der 6. Schulklasse bekam ich immer wieder kleine Liebesbriefe von dir durch andere Mitschüler heimlich zugesteckt.“  Der Mann rückt noch etwas dichter an seine heitere Gesprächspartnerin. Seine große feste Hand legt er sanft auf die kleine zarte Frauenhand.  Mit seinen strahlenden braunen Augen sagt er: „Annegret, du hast ja wohl nichts aus der gemeinsamen Vergangenheit vergessen.  Du zauberst mir jetzt noch einmal ein Stück unserer schönen Jugendjahre in diesen so besonderen Spätsommertag.“ – „Ich kann dir noch mehr erzählen, meine alte Jugendliebe.“ – „Ja, gerne‚ liebe Annegret, ich bin gespannt.“ – „In der Jugendherberge im Jahre 1952 wurden uns Schülern einige Lebensmittel zugeteilt.  Wir bekamen zum Abendbrot nur zwei Scheiben Wurst und zwei Scheiben Käse als Belag für unser Brot.  Ich konnte meine Ration gar nicht aufessen.  Du kamst dann an meinen Platz, und ich gab dir gerne Wurst und Käse ab.  Vielleicht bist du deshalb so groß und stark geworden.“  „Welch ein erstaunliches und phantastisches Gedächtnis du hast!“, und Felix schließt seine Arme sanft um die fröhliche Annegret.  Mit geschlossenen Augen genießt die zarte Frau die wohlige Nähe und Wärme‚ die Felix ihr behutsam schenkt.  „Wie zart du sein kannst, lieber Felix.“  Lächelnd sagt sie: „Ich weiß noch etwas viel Schöneres aus unserer Jugendzeit.“ – „Und ich dachte, jetzt hast du mir alles erzählt.“ – „Lieber Felix, versuch doch mal selber, dich daran zu erinnern, als wir beide 16 Jahre jung waren.  Die Schulzeit lag hinter uns.  In größeren Abständen bekam ich auch mal per Post einen lieben Brief von dir.  Wir haben uns dann zu einem Spaziergang getroffen.“  Annegret schweigt jetzt.  Sie will dem großen Mann Gelegenheit geben, sich zu erinnern.  Felix schaut Annegret mit seinem funkelnden Charme in ihre ausdrucksstarken dunkelblauen Augen.  „Bitte, spann mich nicht so auf die Folter.  Verzeih mir mein schlechtes Gedächtnis.“  „Ja, ich erzähle dir und mir die wundervolle Geschichte zu Ende.  Wir hatten uns verabredet.  Nach einem ausgedehnten Spaziergang sind wir in einem kleinen Cafe eingekehrt.  Worüber wir uns unterhalten haben, kann ich aber auch nicht mehr sagen.  Aber ich weiß noch genau, dass du mir den Zucker in meiner Teetasse umgerührt hast.  Ich habe diese kleine Geste damals als sehr fürsorglich und liebevoll empfunden.“ – „Ist die zarte Liebesgeschichte jetzt zu Ende?“ – „Nein“, sagt Annegret mit vor Freude strahlenden Augen.  „Wir haben uns dann etwas später wieder getroffen.  An diesem Tag machten wir einen ausgedehnten Waldspaziergang.  Es war damals nicht so ein sonniges Wetter wie heute.  Einsam wanderten wir durch den belaubten Wald.  Plötzlich bliebst du stehen, hast mich fest mit deinen kräftigen Armen umschlungen und mir einen stürmischen Kuss auf meinen jugendlichen Mund gedrückt.  Ich hatte damit nicht gerechnet, und mir blieb fast die Luft weg.  Felix, du bist der Mann, der mich wachgeküsst hat.  Und darum kann ich dich auch niemals vergessen.“  Mit etwas Wehmut in der klangvollen Altstimme sagt Annegret dann noch: „Ich denke, wenn du behutsamer und geduldiger gewesen wärest, hätten wir uns vielleicht nicht aus den Augen verloren.“  Felix schließt seine zarte Jugendliebe erneut in seine festen Arme, und mit einem Stoßseufzer sagt er: „Was meinst du wohl, wie oft ich in den langen Jahren danach in der Nacht von dir geträumt habe.“  Sie sitzen schon viele Stunden auf der Parkbank und haben überhaupt nicht auf eine Uhr geschaut.  Die wärmende liebliche Spätsommersonne ist längst im Westen untergegangen.  Eine warme Dunkelheit umhüllt das altjunge Liebespaar.  Lange, sehr lange, genießen sie die körperliche Nähe.  Annegret lässt sich von Felix’ zarten Küssen gerne beschenken.  Sie wandern in der Nacht Hand in Hand beide schnellen Schrittes zum Hotel.  An der Tür verabschiedet sich Felix mit einem zarten Streicheln über Annegrets schöne Wangen.

Am nächsten Morgen wacht Annegret früh auf.  Während sie beim Frühstück kaum merkt, ob sie in ihre Teetasse Zucker gegeben hat, sind ihre Sinne mit dem wunderbaren gestrigen Tag beschäftigt.  In ihrem schönen Hotelzimmer ruht sie noch ein wenig aus.  Aber dann klingelt das Telefon.  Als sie Felix’ Stimme hört, ist auch schon die Freude in ihr Herz gehüpft. „Annegret, weißt du schon, wann du abreisen willst?“ – „Ja, heute am Spätnachmittag, das würde reichen.“ – „Oh, wie schön, dann kann ich dich wenigstens noch zum Zug bringen“, sagt Felix mit unüberhörbarer Freude in seiner wohlklingenden Baritonstimme.  Beide fahren am Nachmittag gemeinsam zum großen Hauptbahnhof.  Pünktlich fährt der ICE auf dem Bahnsteig ein.  Felix trägt Annegrets Reisetasche.  Aus dem Lautsprecher dröhnt es: „Bitte einsteigen und die Türen schließen!“  Es geht alles so schnell.  Beide sitzen dann dicht beieinander in einem schönen Abteil alleine.  Annegret ist zunächst sprachlos, aber die liebevolle Spontaneität ihres Klassenkameraden liebt sie sehr.  Sie kuschelt sich an den großen starken Mann und genießt seine Nähe und Wärme.  Spontan öffnet Annegret ihre Reisetasche und legt Felix das alte wertvolle blaue Poesiealbum in seine Hände.  „Bitte, schreib mir ein zweites Mal ein paar Gedanken zur Erinnerung in dieses alte Buch.  Du kannst es mir mit der Post schicken.  Dann lebe ich jetzt schon in der Vorfreude darauf.“  Am nächsten Bahnhof zaubert Felix ein rotes Kästchen in die Hände seiner Jugendliebe.  Lies es heute Abend, bevor du zu Bett gehst.  Mit einem liebevollen und wehmütigen Gesichtsausdruck schließt er seine große Liebe in seine Arme.  Abrupt löst er sich aus der Umarmung und steigt eilig im letzten Moment aus dem Zug.  Sein weißes Taschentuch flattert weinend im Wind.

Was von einem Sommer blieb

Erste Frühnebel hängen wie zartgraue Gardinen morgens vor meinem Fenster. Mein Blick kann nicht mehr weit hinaus schweifen.  Der Himmel hat ein tristes dunkles Kleid angezogen.  Wo ist so schnell der Sommer geblieben?  Ich denke in leiser Wehmut an die Helligkeit, die Wärme, die bunten Blumen, die saftigen dunkelroten Kirschen und den aufmunternden Gesang der Vögel.  Es heißt Abschied nehmen vom Sommer, der uns immer wieder so reich beschenkt.  Und Abschiednehmen bedeutet loslassen.

Auf meiner Fensterbank habe ich sichtbare Erinnerungen von den sonnigen Sommertagen am Nordseestrand ausgebreitet.  Kleine und größere Muscheln, beige und weiße Naturgeschenke, Möwenfedern von zarter individueller Schönheit und Farbe lassen mich die schönen Tage noch einmal bewusst erleben. Weißer feiner Sand, den ich mit meinen Händen am Meeresstrand in eine Tüte gefüllt hatte, fand als wertvolles Andenken noch ein Plätzchen in einer Rucksackecke.  Daheim habe ich ein schlichtes weites Glas mit diesem Naturprodukt gefüllt, in die Mitte eine schlanke rote Kerze gesteckt und den Sand mit winzig kleinen Muscheln verziert. Jetzt, da die Dunkelheit an Regen- und Nebeltagen schon zeitig durch die großen Fenster fällt, zünde ich die rote Kerze schon am Nachmittag an.  Dieses Bild zaubert mir eine wunderschöne Erinnerung an den Leuchtturm in unserem Urlaub im Altweibersommer an der bewegten Nordsee in meine Seele.

 

Abends ordnete ich schon vor ein paar Wochen die neuen Sommererinnerungen, die ich in ein dickes Buch zum Trocknen gelegt hatte.  Beim Aufschlagen des alten Buches strömt mir der berauschende unverkennbare Duft der roten Heckenrosen entgegen.  Das ist ein besonderes bleibendes Geschenk des vergangenen Sommers.  Ein paar dieser wertvollen gepressten Blüten klebe ich als Schmetterling auf weiße Klappkarten.  Diese Naturgeschenke für Freundinnen, die so etwas zu schätzen wissen, verschicke ich auf dem Postweg.  Weiter schweift mein Blick in unserem großen Wohnzimmer bis zum rustikalen Esstisch.  Ein brauner weiter Krug, gefüllt mit dem violetten Heidekraut, das ich besonders liebe, zaubert eine wertvolle und schöne Erinnerung hervor.  Dieser üppige Strauß erinnert mich an einen Ausflug mit meinem Mann.  Wir beide strampelnd auf dem Tandem auf Sandwegen, über Wurzeln und holpriges Gelände, aber in einer besonders heiteren und liebevollen Stimmung.  Meine Augen tanzten einen sinnlichen Tanz über die berauschenden violetten Heidekrautteppiche.  Später saßen wir in einem kleinen verwunschenen Gartencafé im lieblichen Sonnenschein.  Dicht an unserem runden Tisch stand der betörende Phlox im schönsten Sommerkleid. Aus weißen und roten Trichterblüten verschenkten die Flammenblumen ihren bezaubernden Duft.  Ich spüre es an der nachhaltigen wunderbaren Erinnerung, die sich farbig und freudig in meiner Seele eingenistet hat. – Ein paar Tage später blättere ich in unserem neuen Fotoalbum Farbimpressionen, die weidende Heidschnuckenherden auf von Sonne beschienener blühender Heide mit einem strahlend blauen Himmelszelt darüber zeigen, wärmen mich an einem nassgrauen Novembertag.  Und den Sonnenuntergang am Meer, wie der glutrote Ball langsam immer tiefer in die kalten nächtlichen Wasserfluten hinabtaucht.  Welch ein natürliches Himmelsgeschenk ist auch dieses Erlebnis, das noch sehr lange in der Seele bleibt.  Solche Abende lassen mich noch einmal bewusst erleben, was mir vom letzten Sommer geblieben ist.  Wahrlich reich und nachhaltig hat mich diese Jahreszeit beschenkt. Das ist wertvolle Nahrung für meine Seele an grauen, nassen und sehr kalten Tagen.

Mutterdasein

Wie ein Baum zur Erntezeit

willig seine reifen Früchte verschenkt,

so möchte ich meine Kinder loslassen

und mich, leichten Ästen gleich,

einem bunten Herbst entgegenfreuen.

*  *  *

Erziehung ist eine besonders schwierige Aufgabe,

die mit viel Liebe und gutem Vorbild

gelöst werden kann.

Lachende Sonnenblume

Die Metallklappen an den Briefkästen unten im Treppenhaus entgehen meinem immer noch wunderbaren Gehör nicht.  Meistens laufe ich dann gleich die Treppenstufen hinunter, um nach meiner Post zu schauen.  Heute fällt mir ein Briefumschlag besonders ins Auge.  Er hat nämlich einen schwarzen Trauerrand.  Eine frühere Bekannte, die in einer Stadt wohnt, in der ich auch als sehr junge Frau mit meiner Familie gelebt habe, teilt mir mit, dass ihr schwerkranker Mann im relativ hohen Alter verstorben ist.

Ich frage mich: „Warum teilt sie mir den Tod ihres Mannes mit?“  Wir hatten über dreißig Jahre nur ganz sporadisch Kontakt.  Während einer gemütlichen Teestunde schweifen meine Gedanken weit zurück in die Zeit, als wir beiden gleichaltrigen Frauen uns damals in der kleinen bezaubernden Stadt in dem Jungmütterkreis, den die Frau des Gemeindepastors leitete, zuerst begegnet sind.  In diesem Kreis fühlte ich mich sehr wohl.  So bekam ich als Neuzugezogene leichter Kontakt zu Familienfrauen, die zu mir passten.  Ich erinnere mich, dass ich die beiden kleinen Mädchen dieser Bekannten auch mal einen Nachmittag in meine Obhut nahm, damit ihre Mutter in aller Ruhe einen Arztbesuch machen konnte.  Wir wohnten nicht weit auseinander.  So ergab sich immer wieder mal ein Gespräch, wenn wir uns auf dem beliebten Wochenmarkt oder in einem Geschäft beim Einkaufen zufällig trafen.

Inzwischen hatten wir beide dann je drei Kinder zu versorgen.  Ich trug jedoch schwer an dem Leid, das uns durch unseren mehrfach behinderten kleinen Sohn auferlegt worden war.  Nach zwei völlig gesunden Kindern hatte ich im Alter von 29 Jahren unser drittes Kind mit einem Down-Syndrom und einem vierfachen Herzfehler zur Welt gebracht.  Und ich litt schrecklich unter dieser Belastung.  Es waren immer wieder Krankenhausaufenthalte nötig.  Wir mussten dann ganz plötzlich eine sehr traurige Nottaufe „feiern“.

Im Sommer leitete mein Mann in Dänemark eine Jungenfreizeit.  Er nahm unsere beiden großen Kinder, die schon sehr selbstständig waren, mit in diese Freizeit.  So genannte Kochmuttis kümmerten sich aber gerne um unsere Kinder.  Ich kannte diese kinderlieben Frauen schon vom Jahr davor, als ich auch in der Erholungsfreizeit mitgearbeitet hatte.  Doch in diesem Sommer musste ich alleine mit unserem mehrfach behinderten kleinen Sohn zu Hause bleiben.  Wenn ich abends total erschöpft ins Bett fiel, schlief ich schnell ein.  Sowie ich aber morgens erwacht war, lief ich voller Angst gleich an den Stubenwagen, streichelte mein krankes Sorgenkind liebevoll an der Wange, um festzustellen, ob es noch lebte.  Denn zum Schreien hatte es kaum Kraft.

Diese eben verwitwete Bekannte kam in dieser für mich so schweren Zeit öfter nachmittags zu mir.  Ihren jüngsten Sohn brachte sie mit.  Der kleine Prachtjunge schlief dann bei mir auf dem Sofa.  Ihre beiden vitalen größeren Mädchen hatte sie anderweitig unterbringen können.  So konnte ich in Ruhe meine Sorgen wenigstens einer mitfühlenden Familienmutter anvertrauen.  Abladen dürfen und auch ein mitfühlendes Verständnis spüren, das war damals für mich überlebenswichtig.  Als mein behinderter Säugling plötzlich wieder ins Krankenhaus musste, weil ein Lungenflügel schon nicht mehr arbeitete, war ich ganz alleine in unserer Wohnung und ohne Beschäftigung.  Es war schönes Sommerwetter, und ich war froh, dass diese liebe Bekannte mich in ihren Garten einlud, damit ich mich zwischen rotgelber Kapuzinerkresse und orangen Ringelblumen auf einer Decke auf dem Rasen mit ihr zusammen ausruhen konnte.  Ihre Kinder spielten zufrieden in der Sandkiste.

Diese Rückblende hat mich förmlich dazu getrieben, dass ich schon am nächsten Tag nach dem Eintreffen der Trauernachricht in einem kleinen Blumenladen einen speziellen Fleurop-Auftrag mit einer Dankesbotschaft im zugeklebten Briefumschlag aufgegeben habe.  Die Floristin hat meinen Wunsch nach einer schönen großen Sonnenblume in einem gebundenen Strauß von kleinen gelben Rosen und verschiedenem Blattgrün als meinen Auftrag an das Blumengeschäft in der fernen Stadt in den Computer eingetippt.

 

Drei Tage später klingelt abends bei mir das Telefon.  Am anderen Ende der Leitung erkenne ich gleich die Stimme: „Monica, wie komme ich zu solch einem wunderschönen Blumenstrauß?  Bezaubernd lacht eine große Sonnenblume mich aufmunternd an.  Herzlichen Dank!  Du hast mir viel Freude in meine Wohnung geschickt.“ - „Ja, liebe Gertrud, ich habe nicht vergessen, dass du mir damals, als unser kleiner Tobias so sehr krank war, auch in einer sehr schweren Lebensphase geholfen hast.  Mit diesem Blumenstrauß möchte ich dir jetzt dafür danken.“  Gertrud erzählt mir noch von den vielen Monaten, in denen ihr Mann so schwer krank war.  Und ich habe viel Zeit zum Zuhören.

Eine Woche später finde ich in meiner Post einen zartgelben Brief.  Beim Öffnen des Briefumschlags ziehe ich ein aufgeklebtes Foto mit der lachenden Sonnenblume hervor.  Diese Blume mit dem braunen Körnergesicht und den sonnengelben wilden Haaren strahlt unübersehbar aufmunternde Lebensfreude aus.  Im Hintergrund des Blumenstraußes erkenne ich ein kleines Foto des verstorbenen Ehemannes, das im Bücherbord aufgestellt ist.

Diese Fotokarte mit der lachenden Sonnenblume habe ich jetzt an meine große Pinnwand gezwackt.  Wenn ich am Schreibtisch sitze, und dort ist mein Lieblingsplatz, fällt mein Blick immer wieder auf diese besondere Sonnenblume, die nicht verwelkt.  Meine Gedanken beschäftigen sich erneut mit dem einfühlsamen Trösten, dem Geben und Nehmen.  Das, was wir im Leben von Herzen gegeben haben, trägt manchmal viel später noch heilsame Früchte.

*  *  *
Sonnenblumen mit rundem Körnergesicht und gelbem Haar zeigen stolz ihre liebenswerten Lachfalten, verzaubern durch Ausstrahlungskraft.

Mama, guck mal

Mama, guck mal,

unser Baby hat ja rote Zähne.

Ich denke, wie gut seine Beobachtungsgabe ist,

und erkläre,

dass ein neugeborenes Kind noch gar keine Zähne hat.

Mama, guck mal,

ist mein gebauter Turm riesengroß?

Ich schaue auf – schäle gerade die Kartoffeln –‚

begutachte, ja, du wirst ein guter Baumeister.

Und wir freuen uns beide.

Später:

Mama, guck mal,

ich krieg’ so Flecken

auf der Haut

Besorgt stelle ich fest,

dass mein Sohn wohl die Masern bekommt.

Mama, guck mal,

Almuth nimmt mir immer mein kleines Auto weg.

Ich schlichte Geschwisterstreit.

Mama, guck mal,

hab ich meine Schulaufgaben heute schnell

und gut gemacht?

Wunderbar, mein Junge,

wir freuen uns beide über die Fortschritte.

Mama, guck mal!

Wie oft bei drei Kindern, in all den Jahren?

Ich hab es nicht gezählt!

Kleiner Straßenjunge

In Gedanken versunken wandere ich durch das beschauliche Dorf mit meinem kleinen Einkauf in der Tasche heimwärts.  Die letzte Wegstrecke führt mich an hochbetagten Eichenbäumen und einer jungen Linde vorbei.  Die Erde unter meinen Schuhen ist vom letzten Regenguss noch weich.  Plötzlich sehen meine Augen am Rande des Weges in der schwarzen Erde etwas kleines Buntes liegen.  Neugierig bücke ich mich nach dem Fundstück. Eine weiche schmutzige „Käthe Kruse“-Puppe halte ich in meinen Händen.  Es ist ein Puppenjunge.  Ich denke, so wie der aussieht, wird sich um diesen kleinen verregneten Straßenjungen wohl niemand mehr kümmern wollen.

In einer Plastiktüte nehme ich diesen ungewöhnlichen Fund mit nach Hause.  Im Badezimmer bereite ich im Waschbecken ein schönes warmes Reinigungsbad. Nachdem der kleine weiche Junge von allem Schmutz befreit ist, erkenne ich erst seine leuchtende rote Kleidung.  Nachdem ich die kleine nasse Puppe in einem Handtuch trockengerieben habe, lege ich sie auf einen Hocker neben die Sprossenheizung.  Am späten Abend ist der Puppenjunge trocken und sieht heil und entzückend aus.  Ich nenne ihn Felix, das heißt der Glückliche.  Ich denke, dass es doch ein glücklicher Zufall war, dass ich ihn gefunden habe.  In einem Schrankfach, in dem ich immer Geschenke auf Vorrat aufhebe, findet Felix noch einen guten Platz.  Mit dem Wunschgedanken in meinem Herzen, dass meine jüngste Tochter mir doch noch ein Enkelkind schenken möge, hofft auch der Puppenjunge auf fröhliche Zeiten.

Felix schlummert viele Monate im Schrank vor sich hin.  Aber ich denke, wir beide träumen manchmal von seinem großen Tag, der hoffentlich bald kommen wird.  Und tatsächlich, meine jüngste Tochter teilt mir freudestrahlend mit, dass sie ihr erstes Kind erwartet.  Heimlich Freund Felix noch ihre Erlebnisse vom ganzen Tag, das macht sie jeden Abend so.“

Mit seiner beigefarbenen Frotteefrisur und seiner roten Kleidung muss der Puppenjunge aber manchmal auch in die Waschmaschine.  Dann wird er möglichst schnell in der Sonne getrocknet, weil seine „Prinzessin“ ihn wieder an ihre liebevolle Brust drücken möchte.  Auf Fahrradtouren, auf jeglichen Reisen, immer ist Felix der unverzichtbare Begleiter und  liebevolle Schmusejunge für Lara.  Ich freue mich, dass ich diesen wertvollen Straßenjungen aus der schwarzen nassen Erde aufgehoben habe.  Und ich habe damals nicht daran gedacht, dass Felix so ein wunderbarer treuer Spielkamerad und Glücksbringer für meine Enkeltochter sein würde.


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Verjüngungskur

An einem stillen Vormittag klingelt das Telefon.  Ich freue mich, dass meine jüngste Tochter sich meldet.  Ihre junge melodische Stimme höre ich so gerne.  „Mutti, was hältst du davon, wenn ich heute Mittag mit Lara zu euch komme?“ – „Ja, sehr gerne!  Wie gut, dass ich heute mal keinen lästigen Arzttermin habe.  Bei dem trockenen und sonnigen Wetter könnten wir alle per Fahrrad durch den Wald in Richtung Reitstall fahren.  Inken, ich freue mich auf euch und wünsche euch beiden eine gute Fahrt.“

 

Großvater und Großmutter setzen sich rechtzeitig auf ihren langen treuen Drahtesel, auch Tandem genannt.  Sie fahren durch Gottes wundervolle Natur.  Der Weg führt sie an saftigen grünen Wiesen, auf denen braune Kühe weiden, entlang.  Weiter geht es durch einen schattigen Mischwald, auf dem leuchtende Sonnenflecken auf dem Waldboden tanzen.

Wir beiden Tandemfahrer sind am vereinbarten Treffpunkt angelangt.  Genüsslich ruhen wir uns im Restaurant auf den gemütlichen gepolsterten Bänken an unserem reservierten Tisch etwas aus.  Aber dann treibt mich die Vorfreude auf unsere Tochter und Enkeltochter auf den großen, mit Bäumen und Sträuchern bepflanzten Parkplatz.  In der Ferne erspähen meine Augen eine junge Frau mit einem kleinen Kind auf einem Kindersitz per Fahrrad ankommend.  Das Rad ist schnell geparkt und angeschlossen.  Ich stehe voller Sehnsucht im Herzen auf der kleinen Treppe vor dem Restaurant.  Lara kommt mir etwas zögerlich, verlegen ein paar Finger in den Mund gesteckt, entgegen.  Wir haben uns aber auch länger nicht gesehen.  Ich schließe die kleine hübsche Blondine in meine Arme.  Erst danach wird ihre sportliche Mutti herzlich begrüßt.  Großväterchen kommt den beiden jungen Damen auch freudestrahlend entgegen.  Im Restaurant stellt der freundliche junge Kellner einen Kinderhochstuhl an unseren Tisch.  In diesem vertrauten Stuhl taut Lara nun auf.  Jetzt sehe ich den strahlenden Glanz in Laras Augen, der mich tief berührt.  Nur die Augen kleiner Kinder haben dieses himmlische Strahlen.  Wir trinken alle frisch gepressten Orangensaft.  Danach staune ich, wie schnell und geschickt unsere Enkeltochter mit der Gabel die Fischhappen mit Kartoffeln und Gemüse in ihren kleinen Mund schiebt.  „Du kannst ja schneller essen als deine Mutti“, stellt die Großmutter staunend fest.

Gut gestärkt gehen wir gemeinsam auf den großen, neu angelegten Spielplatz.  Zwei Schaukeln, Wippe, Rutsche, mehrere kleine Wipp-Pferdchen und eine große Sandkiste sind ein verlockendes Angebot zum Spielen und Bewegen in frischer Luft.  Lara und Großmutter setzen sich zuerst auf ein kleines Pferdchen, auf dem man spielerisch reiten kann.  Ich locke meinen Mann mit den Worten: „Großväterchen, komm mit Lara und mir auf die schöne Wippe.  Gewichtsmäßig könnte das passen.“

 

Auf der einen Seite sitzt der bärtige Großvater und auf der anderen unsere mutige zweieinhalbjährige Enkeltochter mit ihrer kleinen schlanken Großmutter.  Ich genieße dieses Gefühl des Abhebens vom Erdboden, den Schwung in die Lüfte, die lachenden Gesichter der drei Generationen.  Inken agiert freudestrahlend als gute Fotografin.  Danach gleitet die mutige Lara immer wieder alleine auf der Rutsche herunter.  Ich sitze auf einer Holzbank und schaue in die grünen Baumwipfel der hochbetagten Eichen.  Dabei schweifen meine Gedanken zurück in meine Kinder- und Jugendzeit.  Die Schaukel hat mich damals immer sehr beglückt.  Vielleicht auch, weil ich niemanden zum Mitspielen bitten musste.  Manchmal wollte ich auch alleine sein.  Ich durfte auf der Schaukel meine eigenen Gefühle ausleben.  So drückte der Rhythmus auch meine Stimmungen aus. – Also setze ich mich auch heute wieder auf dieses erinnerungsträchtige himmlische Spielgerät.

 

 „Lara und Inken, ihr habt mich heute so reich beschenkt.  Für ein paar Stunden habt ihr mir den himmlischen Zauber meiner eigenen Kindheit beim Spielen wieder in meinem Herzen spüren lassen.“  Beim innigen Verabschieden bedanke ich mich bei den beiden Glücksbringerinnen mit den Worten: „Wie wertvoll ihr beiden seid, ihr habt mich heute um viele Jahre verjüngt.  Mit winkender Hand rufe in den beiden sportlichen Damen hinterher: „Und kommt bald wieder.“

 

 

Urlaubsempfindungen

Liegend im trockenen Gras

wölbt sich ein hoher Himmel

mit weißen aufgetürmten Wolkenbergen

über mein wohltuendes Ausruhen.

Zwischendurch wirft die Sonne

ihre goldenen warmen Finger

liebkosend auf meinen

entspannten Körper.

Singend spielt ein leichter Sommerwind

in den nahen prächtigen Lindenkronen.

Ein kleines Vöglein verschenkt

frohlockend sein Danklied,

berührt zärtlich meine Seele.

Glückselig staune ich

über die Leichtigkeit meiner Urlaubstage.

Vergesse die Belastungen

der besonders harten Tage

und der letzten arbeitsreichen Wochen.

Ganz ohne Pflichten, ohne Mühen

und vor allem ohne schlechtes Gewissen

genieße ich wochenlang

diese freie Zeit als Gottesgeschenk.

Denn ich nehme alles aus Gottes Hand,

nicht nur die schweren Zeiten,

auch diese wunderbaren Urlaubsfreuden.

Ferieninsel

In Rønne landet unsere Fähre. Wir haben drei Wochen Zeit, um die Sonneninsel Bornholm in der Ostsee zu entdecken. Das Eiland, das mitten in der Ostsee festen Boden unter den Füßen bietet, liegt näher bei Schweden, Deutschland und Polen als beim Mutterland Dänemark. Als Neuankömmling fällt mir vom Auto aus gleich auf, dass wir hier Anfang Juni mit dem zweiten Frühling beschenkt werden. Denn im Norden Deutschlands waren die prachtvollen Tulpen, Narzissen und auch der Flieder schon verblüht. Durch das heruntergekurbelte Autofenster beglückt mich der berauschend schwere Duft der blühenden Rapsfelder. Schon tanzen meine Augen über die sonnengelben Teppiche. Südöstlich finden wir zunächst den kleinen Badeort Balka, der – eingebettet in kleine Kiefernwäldchen und hinter Dünen – viel Ruhe, besonders in der Vorsaison, verspricht.

Erwartungsvoll nehmen wir unser gemietetes Ferienhäuschen ganz für uns in Beschlag. Ein ockergelb  gestrichener Bungalow hockt majestätisch in der Mitte des großen Waldgrundstückes. Zwölf blank geputzte Fenster geben der Sonne genug Möglichkeiten, in die gemütlichen Räume zu schauen. Gepflegte antike Möbelstücke schaffen eine Atmosphäre, in der wir uns wohl fühlen. Zahlreiche Kerzenleuchter kommen zur vollen Geltung, wenn die Sonne nicht scheinen mag. Unser erstes Frühstück können wir auf der ruhigen Terrasse, von lieblichem Vogelgesang begleitet, genießen. Gut gestärkt steigen wir auf unseren treuen langen Drahtesel, auf dem zwei Personen gleichzeitig strampeln können. Zuerst locken uns die Ziegelpyramiden der Räucheröfen in dem kleinen Fischerboothafen an, die einen unverkennbaren Duft von Räucherfisch in der Umgebung verbreiten. Hier kamen einst die Fischer auf die Idee, den Silberschatz der Ostsee im Erlenholz- und Buchenholzrauch zum goldenen Bückling zu wandeln. Diese frisch geräucherten Ostseeheringe sind eine besondere Delikatesse für Fischgenießer. Fliederbüsche verströmen in den gepflegten Vorgärten ihren schweren Duft. Zahlreiche Ferienhäuser und schicke Hotels mit direktem Zugang zu den schönsten Inselstränden liegen in lockerer Folge in Balka-Strand.

Jeder Tag schenkt uns wieder hautnahe neue Einblicke in unser Ferienparadies. Wir lenken unseren rollenden Untersatz zum bedeutendsten Fischereihafen der Ostsee, dem kleinen Örtchen Neksö. Farbig angestrichene Fischkutter schlafen festgemacht am Kai. Aber auch bunt beflaggte Segelboote träumen schon von ihrer nächsten Fahrt. Schrill schreiende Möwen kreisen über den frischen Fischresten, die sich im Schleppnetz verfangen haben. Hier können die weißen Küstenvögel sich geruhsam sattfressen. Der Ernteduft der Ostsee durchflutet das gesamte Hafengebiet mit seinem unverkennbaren Fischgeruch.  Die kleinen gepflegten Restaurants verführen den Gast natürlich vorwiegend mit fangfrischem Fisch, der in den pikantesten Variationen mit Liebe zubereitet wird. Ja, der weiße Ostseelachs ist ein unvergesslicher Gaumenschmaus, auf den die Bornholmer auch zu Recht stolz sind. Abends lassen wir den Spätfrühlingstag auf unserer Terrasse, die von der untergehenden Sonne zart geküsst wird, mit einem Lesevergnügen ausklingen. Beschützt unter dem hohen blauen Himmelszelt, schlafe ich ein.

Ein neuer Tag bringt auch wieder den Wunsch mit, etwas Neues zu entdecken.  Wir fahren ausnahmsweise ein paar Kilometer mit dem Auto gen Norden über unsere Urlaubsinsel, weil wir noch niemals eine Rundkirche besichtigt haben.  Die vier Bornholmer Rundkirchen waren einstmals wehrhafte Zufluchtsorte. Nykirke ist die kleinste Rundkirche, die wir uns angeschaut haben, aber sehr charakteristisch. Sie steht unweit von Rønne und strahlt in ihrem weißen Kleid, lädt den Besucher zum Einkehren, zum Innehalten, zum stillen Gebet ein. In Rønne schlendern wir noch gemütlich durch die schöne Altstadt, erfreuen uns an den farbenfrohen geduckten Häusern, die eine verzaubernde Wirkung auf mich ausüben, weil Stockrosen in verschiedenen  Rottönen ihre wagemutigen Kletterkünste an den Fassaden beweisen. Reich beschenkt fahren wir in unser idyllisches Feriendomizil zurück.

Svaneke, an der Nordostecke der Insel, steht ganz unter Denkmalschutz. Wenn man geduldig sucht, findet man in dieser kleinen Ortschaft mediterrane Pflanzen wie Feigen- und Maulbeerbäume. Das ist nicht verwunderlich, weil dort an der Ostküste die Sonne auch zuerst aufgeht. Meine Augen sehen sich außerdem an Feldmohn und weiten lieblich duftenden Lavendelfeldern satt.

Am darauffolgenden Tag tanzen meine wachen Augen über eine bunt blühende Sommerwiese. Weiter führt uns unser Ausflug zu der höher gelegenen Waldlandschaft Paradisbakkerne. Streckenweise müssen wir unseren treuen Drahtesel bergauf schieben. Oben angekommen, werden wir mit blühendem Ginster belohnt. Aber diese Tour ist mit dem Fahrrad für ältere Leute nicht empfehlenswert. Darum ruhen wir uns auch am Nachmittag genüsslich auf unserer stillen Terrasse von diesen ungewohnten körperlichen Anstrengungen aus.

Ein gelber Fachwerkhof mit Reetdächern, wie er typisch für das Inselinnere ist, beglückt uns in Melstedgarden. Vor allem Städter suchen unter einem dicken Röhrichtdach wärmende Geborgenheit. Auch wenn manchmal Ostwinde vom Meer heranfegen, sind wir immer unterwegs. Die frische Brise und das Strampeln auf dem Tandem sorgen stets wieder für einen gesegneten Appetit.

An einem Regentag fahren wir noch einmal in die kleine Ortschaft Neksø. Dort  bestaunen wir ein kleines Museum, in dem ich ein Taschenbuch von Martin Andersen Neksö mit den ‚Bornholmer Novellen’ erstehe.  So sind auch die wenigen Regenstunden mit dieser Lektüre, die vom Lebensstrudel der Bauern und  Fischer auf der Insel Bornholm der Jahrhundertwende erzählt, gut ausgefüllt.

Direkt am Strand von Sandvig lockt an kühlen Tagen ein geheiztes Meerwasserbad.  Angler versuchen scharenweise von der Hammerrodde ihr Petri-Heil. Und an der Bornholmer „Rieviera“ gibt -es sowohl Nobel-Hotels wie auch Campingplätze.

Schwer fällt mir der Abschied von dieser nordischen Schönheit, die so reich an  Kontrasten ist: Granitformationen an der Nord- und Westküste, die sehenswerten Rundkirchen, weißer Ostseestrand im Südosten, die Weite des Meeres, die hügeligen großen gelben Rapsfelder, der unverkennbare frische Fischduft, den ich so gerne in meiner Nase habe, die segelnden Möwen über dem Hafen und der fischreichen Ostsee, die wohltuende Ruhe und Beschaulichkeit in den bunten Straßen der kleinen Ortschaften mit ihren verschiedenen Charakteren, die auch nach einem dreiwöchigen Aufenthalt nichts von ihrer Anziehungskraft verloren haben.

Monate später erinnere ich mich und träume mich zurück, wieder zurück in die idyllische Vielfalt dieser bezaubernden Ferieninsel. Welch ein kostbares Geschenk birgt diese lebendige bunte Erinnerung.

Herbstmelodie auf Zingst

Frühmorgens trompeten riesige Kranichschwärme

am graublauen Himmel

ihre unverkennbare Herbstmelodie.

Vormittags bläst der Wind

in den alten Kastanienbäumen,

schüttelt erste Früchte vom kräftigen Geäst.

Auf dem Straßenpflaster platzt die Schale,

glänzende braune Kullern

rollen Kinderherzen entgegen.

Mittags höre ich die kleinen

bunten Federastern

in den Gärten leise singen.

Gegen Abend fliegen noch einmal,

mit Trompetenmusik im Schnabel,

die Kraniche über den Bodden

zu ihren nächtlichen Ruheplätzen.

Der Ahornbaum

Bei einem ausgedehnten schönen Waldspaziergang fällt der Wanderin ein sehr junges Ahornbäumchen auf.  Am Wegesrand hat es mit seinen acht Blättern vielleicht nicht so gute Chancen zu überleben wie auf ihrem großen Grundstück zu Hause.  Vorsichtig und liebevoll zieht sie den kleinen Spitzahorn aus der Erde.  Daheim angekommen, pflanzt die naturliebende Frau den jungen Baum schnell in die Erde.  „Vielleicht wird aus dir zartem Bäumchen ja in etlichen Jahren ein stattlicher Spitzahorn, der uns im Sommer bei zu viel Sonne und Hitze wunderbaren kühlen Schatten spenden kann.“  Vorausschauend pflanzt sie den achtblättrigen Spitzahorn ein großzügiges Stück entfernt von ihrem 200-jährigen Haus ein.  „Damit du ausreichend Platz zu deiner gesunden Entwicklung hast, mein kleiner Freund.  Ich bin richtig gespannt, wie du dich bei uns entfaltest.“  In sommerlichen Trockenperioden wird der schnell wachsende Spitzahorn immer fleißig mit Wasser versorgt.  Dieser prachtvolle Baum gehört zur Familie dazu.  Ein allein stehender Spitzahorn kann im Laufe der Jahre eine Höhe von 20 bis 30 Metern erreichen.  Nach 27 Jahren hat dieser schöne Baum mit seiner dicht belaubten prächtigen Krone längst das Schieferdach des alten Hauses an Höhe überflügelt.  Die fürsorgliche Gärtnerin des stattlichen Baumes hatte damals nicht gedacht, als sie den kleinen achtblättrigen Ahorn aus dem Wald mitbrachte, dass er so ein wunderbarer Freudenbringer für alle Menschen werden könnte, die ihn schätzen und genießen.

Wenn die Äste noch kahl sind, kommen schon Anfang Februar die Stare angeflogen und kämpfen um die Nistkästen.  „Schau an, jetzt haben wir wieder fröhliches Leben auf unserem großen Hofgelände“, sagt die naturbegeisterte Frau zu ihrem stillen Mann.  Anfang Mai zieht der Spitzahorn dann sein grünes bezauberndes Frühlingskleid an.  Für die ganze Familie und für immer mehr Freunde, Nachbarn und Verwandte ist dieser Baum mit seinem schlanken Stamm und der prachtvollen Krone zum Anziehungspunkt für ein besonderes geselliges Miteinander geworden.  Einen vielstimmigen Chor singen im Frühling Amseln, Wacholderdrosseln, Buntspechte, Rotschwänzchen, Dompfaffen und auch die Bachstelzen.

 

Nach dem langen kalten Winter streicheln die Vogelstimmen die Seelen der Menschen, die so zahlreich unter diesem gastlichen Baum sitzen.  Die Kinder können sich nach Herzenslust auf dem großen Hof austoben.  Die Erwachsenen sitzen gemütlich bei Kaffee und Kuchen und plaudern unter dem schönsten Baum in der Umgebung.

Mit 15 bis 20 Jahren beginnen die Ahornbäume erstmals zu blühen.  Der Honigbiene dient der Spitzahorn als hervorragende Futterpflanze, denn er liefert erhebliche Mengen an Blüten- und Blatthonig.  Dann summt es tüchtig in den üppigen Zweigen.  An heißen Sommertagen ist dieser Baum ein einladender und begehrter Schattenspender.  Nach der Tagesarbeit und an den Sonntagen sitzt die Familie mit etlichen Freunden, Bekannten und Nachbarn viele Stunden bei einem Gläschen Wein oder Saft zusammen.  Manchmal erzählen die Älteren auch aus ihrer Jugendzeit, bis die goldenen Sterne am Sommerhimmel in der Dunkelheit leuchten. – Im Herbst verwöhnt der Spitzahorn noch einmal alle Menschen, die ihn sehen, mit seinem bezaubernden goldgelben Blätterkleid, das sich bis ins Karminrot verfärben kann.  Bei diesem überwältigenden Anblick sagt die Pflanzerin aus tiefstem Herzen: „Ich liebe diesen Baum und danke Gott für seine wunderbare Schöpfung.“

Rosen der Liebe

Am offenen Grab,

endgültiger Abschied gebiert heiße Tränen,

mit schwerem Herzen

wirft ein Trauernder

einen Strauß von roten Rosen

auf den hölzernen Sargdeckel,

die Blumen sprechen

von Liebe.

Beobachtungen Gedanken

Ein sonniger Augusttag lockt mich mit seiner Wärme und Leichtigkeit zu einer Fahrradtour bis an ein romantisches altes Häuschen mit einer verwunschenen grünen Terrasse und einem stillen Karpfenteich. Altenglische zartrosafarbene Kletterrosen begrüßen mich mit ihrem unverwechselbaren Duft vor dem geöffneten Landhaus. Draußen unter dem Himmelszelt möchte ich mich zur Mittagszeit stärken. Hochbetagte Eichenbäume verschenken ihren von mir so geschätzten Schatten kostenlos. Auf den meisten Tischen hockt das abweisende Schild „Reserviert".

Während ich mich an einem Mineralwasser erfrische, tragen elegant gekleidete, überwiegend jüngere Damen und Herren zielsicher mit lautem Geplauder auf den Lippen kunstvoll verpackte Geschenke in ihren Händen. Sie belagern den grünen Rasenteppich, als wäre er nur für sie gewachsen. Lange stehen die Hochzeitsgäste in kleineren Grüppchen beieinander.  Viel lautes Lachen sprudelt aus ihren Kehlen.  Ein kleines Krabbelkind bewegt sich geschickt zwischen den vielen Gästen ruhig und neugierig, den großen unebenen Garten erforschend. Mit einem Grasbüschel in der kleinen Faust beschenkt es seinen jungen Vater, der sein Kind zärtlich herzt.  Inzwischen ist auch das nicht mehr ganz junge Brautpaar eingetroffen. Mir fällt auf, dass die zahlreichen Damen in nicht zu übersehender eleganter Garderobe fast ständig zwischen dem Schluck Sekt mit dem Rauchen ihrer Zigaretten beschäftigt sind. Das einzige niedliche Kleinstkind wird erstaunlicherweise von den weiblichen Wesen gar nicht beachtet.

Zufällig sah ich kürzlich im Fernsehen eine aufschlussreiche Sendung über das Kraftradfahren von Frauen.  Zwillingsschwestern, beide seit etlichen Jahren verheiratet und kinderlos, bieten Kurse speziell für Frauen an, damit diese noch mehr über ihr Motorrad lernen können.  Die Kursleiterin wies die jungen Mutigen an, wie sie den schnellen Fahruntersatz alleine, ohne fremde Hilfe, aus der Seitenlage mit etlichen geschickten Tricks wieder aufrichten können.  Immerhin wiegt ein BMW-Kraftrad etwa 230 kg, das sind gut 4 ½ Zentner Gewicht. Vor meinem inneren  Auge erscheinen bei dieser Vorstellung vier vollgefüllte  und ein halbvoller Sack mit Kartoffeln.  Ich gebe zu bedenken, dass es bestimmt nicht von Vorteil für den Unterleib einer Frau ist, diese Gewichtsmassen „hochzuasten".  Nach den Gesichtern zu urteilen, waren diese gezeigten sportlichen Frauen alle noch im gebärfähigen Alter. – Natürlich hat die Darstellung dieser Beobachtungen etwas mit meiner ganz persönlichen Sichtweise und meinen inneren Empfindungen zu tun.

Vor ein paar Jahren erst erfuhr man, dass der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden hat, dass ab sofort jetzt auch in Deutschland junge Frauen bei der Bundeswehr an der Waffe ausgebildet werden dürfen. Eine einzige junge Frau hatte geklagt und auf das Gesetz der Gleichberechtigung hingewiesen. Ihre Klage führte zum Erfolg.  So hatte sie diesen Stein, der wahrscheinlich etlichen Menschen schwer auf der Seele liegt und zum Nachdenken anregt, ins Rollen gebracht.

Zum Schluss meiner mich sehr nachdenklich bis traurig stimmenden Beobachtungen möchte ich mich mit meiner Kritik über diese Entwicklung absichtlich zurückhalten. Nicht etwa aus Feigheit! Sondern ich möchte den Leserinnen und Lesern dieses Artikels einen Freiraum für ihre eigenen Gedanken schaffen. Nun kann ich mir den Schlusssatz doch nicht verkneifen, dass wir Frauen vom Schöpfer gewiss auch dazu geschaffen sind,  Kinder zu gebären, zu pflegen und zu behüten.

Beobachtungen

An einem hellen Sommertag

auf einer Seebrücke:

Ein junges Ehepaar umarmt

und küsst sich innig,

vergisst für einen langen Augenblick

alles um sich herum.

Ihr Kleinkind schläft zufrieden

in der Sportkarre.

Ein zweites Paar überholt

auf der hölzernen Seebrücke

auffällig langsam

die sich noch immer Umarmenden.

Der Mann passt sich einfühlsam

dem Tempo seiner stark gehbehinderten Frau an,

bietet ihr verlässlich seinen Arm,

in den sie sich eingehängt hat.

Im Gesicht dieses Mannes spiegelt sich Güte,

und seine Körperhaltung drückt Gelassenheit aus.

Offenbar braucht er seine Kraft,

um die schwere Krankheit, kurz genannt MS,

seiner Frau mitzutragen.

Etwas später,

im weichen feinen Sand

schiebt er seiner Frau

die Brille wieder fester auf die Nase,

und dies geschieht

mit einer hinreißenden Zärtlichkeit.

Ich wandere weiter an der Meereskante entlang

und mich lässt der Wunschgedanke einfach nicht los,

dass die Liebe des jungen gesunden Ehepaares

auch dann noch so tragfähig sein möge,

wenn vielleicht einmal schwere Belastungen

ihre Beziehung zu erschüttern drohen,

wie die des bewundernswerten Paares.

Meereseindrücke

Ebbe legt im Sand

gleichförmige Wellenmuster frei.

Meine Hand zeichnet sie zärtlich nach.

Waschbrettmusterartig.

Am Sandstrand begegnen sich Abdrücke

von Gummistiefeln, Wanderschuhen,

Barfüßlern und Pferdehufen.

Ein filigraner Abdruck

einer Möwenfeder beglückt meine Augen.

In meine Ohren graben sich melodische Eindrücke

herrlicher Möwenchoräle,

In Aug und Seele drückt sieh warm

die untergehende rote Sonne.

Reich beschenkt durch diese Impressionen

wandere ich weiter am Strand entlang

bis der Mond meinen Weg erleuchtet.

In der Allee

Zu beiden Seiten

in dichten Abständen aufgereiht,

steht eine große Anzahl mächtiger Lindenbäume.

Ein leichter Wind spielt im kräftigen Geäst,

er streichelt sanft alle Blätter.

Sommerzeit, süßlicher Lindenblütenduft

verschenkt, verschwendet sich ungefragt.

Die höchsten Äste reichen einander die Hände

wie Schwestern und Brüder im Einklang,

bilden gemeinsam ein starkes dichtes Blätterdach,

das vor heißen Sonnenstrahlen und Regen schützt.

Träumend wandle ich bisweilen genüsslich

unter diesem zauberhaften Laubbogen,

der mir Geborgenheit

in seinen grünen Armen schenkt.

Sommermelodie

Hab mein Herz

in die bunt blühende Sommerwiese gelegt,

Es hört ganz leis’

die blauen Glöckchen läuten.

Da streichelt der Wind die Gräserblütenpracht

ganz sacht.

Es rauscht beschwingt.

Insekten summen spielend umher.

Amseln flöten hinreißend weich.

Hoch oben in den Lüften die Lerche jubiliert.

Kohlweißlinge tanzen

zu dieser bunten Sommermelodie,

eröffnen den fröhlichen Reigen.

Mein Herz tanzt mit.

Voller Klang der wunderbaren Schöpfung

weitet meine Sinne,

lässt ein Lied in mir erklingen.

Rosa Gladiole

Im zartrosanen Kleid, anmutig und majestätisch zugleich,

steht sie in der schlanken Vase auf meinem Schreibtisch.

Tag für Tag zupfe ich

einen vertrockneten Blütenkelch nach dem anderen ab.

Trotzdem erblüht sie kraftvoll weiter,

mich immer wieder beglückend,

ja vollends bis in die höchste Spitze

ihres kräftigen Blütenstieles hinauf.

Rosa Gladiole, ich kann von dir lernen,

nach jedweden Abschnitten,

immer wieder erneut mich zu öffnen,

geduldig mit mir und anderen zu sein,

auch wenn die Kraft kleiner wird,

trotzdem neu zu pflanzen und zu pflegen.

Die letzte Blüte meiner rosa Gladiole

ist auch etwas kleiner,

aber dennoch von prachtvoller Farbintensität

und vollendeter Schönheit.

So alt zu werden,

das wünsche ich dir und mir.

Rose im Schnee

Mutig blüht die Königin

bis in den Advent hinein,

erfreut Menschenherzen

mit roten Blütenköpfen.

Umklammert steinerne Hauswand

im eisigen Winterwind.

Doch plötzlich hat der Schnee über Nacht

fürsorglich dieser mutigen Schönheit

ein wärmendes Mützchen aufgesetzt.

Rose im Schnee, dein Anblick

beschenkt mein winterlich’ Herz.

Immer wieder

Sooft ich auch am Boden lag,

hat die Zuversicht mich aufstehen lassen.

Auch wenn mich schwerer Kummer plagte,

hat die Freude mir wieder Lebenskraft geschenkt.

Trotz mancher Tränen

habe ich das heilsame Lachen nicht verlernt.

Und nach jedem dunklen Tunnel

beglückten mich Sonne, Sterne und Wärme.

Alle Verletzungen heilte der barmherzige Gott

und schenkte mir neuen Mut zur Liebe.

Immer wieder ist das Leben ein kostbares Geschenk.

Nach einem Gespräch

Du hast mich so reich beschenkt

mit deinen geduldigen Ohren,

die mir lange zugehört haben.

Vor allem spürte ich,

dass auch dein Herz beteiligt war.

Danke, für deine Nächstenliebe.

*  *  *

 

Großzügig

verschenkt der Sommer

seine letzten bunten Freudenkleider.

Und ich sammle, wissend, dass dies

 des Sommers Abschied ist,

noch einmal Farben, Düfte und Klänge

in meinem Gedächtnisspeicher,

der gerne

kostbare Erinnerungen beherbergt,

die mich in der kalten tristen Jahreszeit

nachhaltig wärmen und erfreuen können.

 

Dahlien

Altrosafarben das üppige Blütenkleid

mit kecken Spitzen,

recken sie neugierig lachend ihre Köpfe,

wippen leicht im Wind

hinter dem weißen Gartenzaun,

durchbrechen die Grenze

mit ihrer natürlichen Schönheit,

künden ganz zart im Spätsommer

schon den Herbst an.

 

Herbstens Hochzeit

Schleier aus Nebel,

Morgentau küsst Herbstzeitlosen Träume,

Birken tragen ihr mattgelbes Kleid,

das Schwarz der Holunderfrucht füllt Gläser,

Pilze würzen die Waldluft,

bunte Astern tanzen im Wind,

Wildgänse schreien

Trompetenklänge himmelwärts,

Ahornbäume zaubern ein Feuerwerk.

Die Hochzeitstafel ist reich gedeckt

mit Wein und Brot, Kartoffeln und Äpfeln.

Noch trägt die Erde Sonnenblumen im Haar.

 

Alte Hände

Einst waren sie tätig,

da wurden sie gebraucht,

bei der großen Kinderschar,

in der Werkstatt hinterm Haus.

Nun ruhen sie aus,

liegen wie eingezogene Ruder im Schoß,

sind frei für andere Aufgaben:

Wir brauchen sie so dringend

zum liebevollen Streicheln,

zum Glätten von Streit,

zum Beten für den Frieden in der Welt.


 

 

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Zauber der Erinnerung

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Heitere und besinnliche Kurzgeschichten und lyrische Texte, auch zum Vorlesen 

 herausgegeben von Jürgen Ruszkowski

Monica Maria Mieck:

Ich lade Sie herzlich ein, mit mir in einen Zug zu steigen, der uns an die schönsten Orte unserer wundervollen und wertvollsten Erinnerungen bringt.  Denn mit zunehmenden Lebensjahren sehnen wir uns immer wieder mal für ein paar Stunden in unsere Kinder- und Jugendzeit zurück.  Diese unbeschwerte Zeit ist ein Paradies, welches uns niemand nehmen kann.  Die erste zarte Jugendliebe kann unser Herz auch heute noch wärmen, und unsere Augen werden leuchten.  Aber ich habe auch viele farbenfrohe Beobachtungen aus dem Hier und Heute aufgeschrieben.  Manche können Lebenshilfe sein, und andere sind nachahmenswert.  Mit diesem neuen Buch möchte ich meinen Leserinnen ein Lächeln in ihren Alltag zaubern.

 

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Aus dem Inhalt:

Erinnerungen                                  

Zauber der Erinnerung

Waldtänzerin

Wir Straßenkinder

Paradies der Kindheit

Kapuzinerkresse

Bertas Waschtag

Am Bach

Maienstrauß

Lachende Sonnenblume

Heuwiesenduft

Mutterdasein

Muttertag

Mama, guck mal

Was von einem Sommer blieb

Die Ferieninsel Bornholm

Urlaubsempfindungen

Herbstmelodie auf Zingst

Kleiner Straßenjunge

Verjüngungskur

Der Ahornbaum

Rosen der Liebe

Winterfreuden

Auf dem Eis

 

Nachahmenswert                 

Eine Geburtstagfeier

Teilen

Im Vorborgenen

An einen lieben Freund

Lebendiger Nachlass

Altes Brauchtum - Namenseiche

 

Beobachtungen                  

Edeltanne

Baumblüte

Hoffnung Rosenstrauch

Sommeranfang

Beobachtungen – Gedanken    

Beobachtungen    

Lernen

Stimmung am Fluss

Meereseindrücke

Spinnwebnetz

In der Allee

Masken

Sommermelodie

Rosa Gladiole

Ich wünsche dir - Natur

Wildblumen

Altweibersommer

Oktobermelodien

Oktoberabend

Oktoberglück

Windgeschenk

Lärche - Sturm

Rose im Schnee

Immer wieder

Im schattigen Winkel

Januar-Lied

Februar-Frühling

Inspiration

Gibst nicht auch du…

Baumblüte

 

Lebenshilfe                           

Schwere Entscheidung

Urlaub

Überraschender Gast - Freudevogel

Nachdenken – Einsicht üben

Ansteckend wirken

Alibi

Auf dem Lebensweg

Brückenbauer

Stolpersteine Lebensweg

Überraschung

Vorfreude          

Geschenke unseres Schöpfers

Guter Gott, schenke mir

 

Weihnachten                        

Glanz der Nacht

Das letzte Weihnachtsfest in der Heimat

Eisblumen an den Fenstern

Heut schleußt er wieder

Dialog zur Adventszeit

Weihnachten als junge Mutter

Das Zeitgeschenk

Die Kirche ist geöffnet

Winterwunder

 


Veröffentlichungen von Monica Maria Mieck:


Verschenke kleine Sonnenstrahlen" ist Band 27 in Jürgen Ruszkowskis gelber Buchreihe, Direktbezug: Jürgen Ruszkowski, Nagelshof 25, 22559 Hamburg, 

Tel. (bei Abwesenheit nach 30 sec. Anrufbeantworter): 040-18090948 oder 040 - 81961102, Fax: 040-18090954   eMail 


Etliche der Texte von Monica Maria Mieck sind in drei eigenen Büchern, zahlreichen Anthologien, Verteilheften des Verlagesam Birnbach und "Wort im Bild", christlichen Zeitschriften und Kalendern veröffentlicht worden:

"Durch alle Nebel hindurch" - CVA Konstanz 1990 - ISBN 3-7673-1360-X - 2. Auflage 1995 vergriffen

Das Buch ist unter ISBN 978-3-00-019762-8 als Band 28 in Jürgen Ruszkowskis gelber Buchreihe neu aufgelegt und kann bestellt werden.

"Liebe findet immer einen Weg"

- erschien in einer Auflage von 3.000 Stück im Friedrich Bahn Verlag GmbH - ISBN 3-7621-1050-6 - vergriffen

Das Buch ist als Band 26 in der gelben Reihe von Jürgen Ruszkowski neu aufgelegt und kann als Printbuch bei amazon oder als ebook bestellt werden

Seit  über zehn Jahren mit Beiträgen in den Weihnachtsanthologien des Diakonischen Werkes Westfalen (Münster)

Regelmäßig Beiträge in der Monatszeitschrift "Lebensspuren Frau und Mutter" - Verlag Kreuz -

Beiträge in Verteilheften des Verlages "Wort im Bild"

Beiträge in Zeitschriften - JOYCE - 55plus - (Bundesverlag)

In Frauen-Kalendern mit Aphorismen

In zahlreichen Anthologien, u a. beim Gütersloher Verlagshaus,

 


 

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